Auf dem Weg zur Professorin

Nur ein Zehntel der Hochschullehrer sind weiblich - Trainingsseminare sollen die Chancen der Kandidatinnen steigern und sie auf die Berufungskommission vorbereiten

Bonn. Sie kennt nur den Namen der Universität, an der sie sich um eine Professur beworben hat, und natürlich ihr Fach. Und nun steht sie vor einer Berufungskommission, jenem undurchschaubaren Komplex aus unterschiedlichen Interessen. Eine stressige Situation - auch wenn es wie in diesem Fall lediglich ein Rollenspiel ist. Aber eine Erfahrung mit hohem Lerneffekt, sagen die Mitspielerinnen. Sie alle nehmen an einem Trainingsseminar zur gezielten Karriereplanung für künftige Professorinnen teil.

Der Andrang auf das ungewöhnliche bundesweite Programm "Anstoß zum Aufstieg" war so groß, dass jetzt eine weitere Seminarrunde angeboten wird - allerdings zum letzten Mal.

Vor einem Jahr begann die Pilotphase, mittlerweile haben sich damit 300 hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen für den Weg ins Professorenamt fit gemacht. Das in Europa einzigartige "Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung" (CEWS) in Bonn koordiniert das Projekt.

Gefördert wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Unternehmen L''Oréal Deutschland. Die Ministerin strebt bis zum Jahr 2005 einen Frauenanteil bei den Professuren von 20 Prozent an.

Konkret heißt das: Die gegenwärtigen Zahlen müssen sich fast verdoppeln, rund 30 Prozent der Neuberufungen müssen an Wissenschaftlerinnen gehen, so Berechnungen des CEWS.

Die Trainingsseminare sollen mit dazu beitragen, dass diese Zahlen Realität werden. Das Programm richtet sich an zwei Gruppen: Promovierte Nachwuchswissenschaftlerinnen, die eine Juniorprofessur anpeilen, sowie entsprechend qualifizierte Forscherinnen, die sich auf eine Professur an einer Universität, künstlerischen Hochschule oder Fachhochschule bewerben wollen.

Natur- und Geisteswissenschaftlerinnen werden getrennt trainiert, um gezielter auf die besonderen Regeln und Rituale der Fächerkulturen eingehen zu können. Denn nur wer sich damit auskennt, hat auch gute Chancen.

"Frauen messen diesen Dingen zu wenig Bedeutung bei, während Männer bereits bei der Bewerbung versuchen, sich rundum kundig zu machen, was gespielt wird", sagt Brigitte Mühlenbruch, Leiterin des CEWS. Als Gleichstellungsbeauftragte der Bonner Uni hat Mühlenbruch in vielen Berufungskommissionen gesessen, und sie weiß, wo die Stolpersteine liegen. "Qualifizierte Wissenschaftlerinnen haben wir genug, daran liegt es nicht, dass die Frauen nicht weiter kommen", so die Expertin. "Aber häufig haben sie keine Vorstellung davon, wie Hochschule funktioniert, und es fehlt ihnen an Insiderwissen."

An diesen Schwachstellen wollen die Trainerinnen ansetzen. Das beginnt bei der Bewerbung für eine Professur. Die Teilnehmerinnen müssen sich für das Seminar sehr ausführlich mit Publikationsliste bewerben, weil anhand dieser Unterlagen die Bewerbungsmappe kritisch beleuchtet werden soll.

Eine wichtige Erfahrung ist dann das so genannte "Vorsingen" - der Probevortrag, den die Kandidatin vor der Berufungskommission hält. Die Seminar-Kolleginnen schlüpfen in die Rollen der Kommissionsmitglieder, die Videokamera zeichnet alles erbarmungslos auf. "Die Kandidatin muss sich klar werden, welche unterschiedlichen Interessen in der Kommission herrschen und wie sie auf diese eingehen kann", sagt Jutta Dalhoff, Koordinatorin des Programms und früher Frauenbeauftragte der Uni Kiel.

Die künftigen Bewerberinnen lernen professionell und sicher aufzutreten und sich in anschließenden Ausstattungsgesprächen mit der Hochschulleitung verhandlungssicher zu zeigen. Dabei hilft die anschließende Manöverkritik mit den Kolleginnen, die die "Bewerberin" während der Rollenspiele aus sehr unterschiedlichen Perspektiven erlebt haben.

Übrigens auch die Kleidung kommt auf den Prüfstand. Gerade das Gespräch mit anderen Forscherinnen hat im Programm einen hohen Stellenwert. "Es bringt sehr viel, wenn die Frauen sich untereinander informell austauschen und sich gegenseitig anleiten. Außerdem können so unnötige Fehler vermieden werden", beobachtet Jutta Dalhoff. Dass alles streng vertraulich behandelt wird, versteht sich von selbst. "Wir bauen eine nicht-öffentliche Mailing-Liste auf, damit die Teilnehmerinnen weiterhin in Kontakt bleiben und sich vernetzen", so Brigitte Mühlenbruch.

Neben Bewerbungskritik und Rollenspiel werden die angehenden Professorinnen in Einzelgesprächen beraten, persönliche Fragen können dort besprochen werden. Nach dem Seminar gibt es die Möglichkeit, sich noch zweimal telefonisch coachen zu lassen. Das CEWS begleitet die Seminare wissenschaftlich und erarbeitet auf der Basis einer Evaluation Empfehlungen und Konzeptionen, die Eingang in entsprechende Programme von Hochschulen finden sollen.

Die Seminare dauern drei Tage. Die Teilenehmerinnen müssen sich mit 256 Euro beteiligen.

Informationen gibt es unter www.cews.uni-bonn.de. Bewerbungsschluss ist der 31. Januar.

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