Paläontologie der Universität Bonn 240 Millionen Jahre alte Skelette aus dem Meer

Bonn/Winterswijk · Ein Paläontologe der Universität Bonn hat Funde aus dem niederländischen Winterswijk analysiert. Die über viele Sammlungen verteilten Fossilien sind überraschend gut erhalten und oft fast vollständig.

 Das Bild zeigt Jelle Heijne bei der Bergung eines Fischfossils in Winterswijk.

Das Bild zeigt Jelle Heijne bei der Bergung eines Fischfossils in Winterswijk.

Foto: privat/Uni Bonn

Winterswijk – der Name dieser niederländischen Gemeinde in der Provinz Gelderland hat unter Paläontologen schon seit Langem einen guten Klang. Denn der nahe gelegene Steinbruch gilt als wahres Eldorado für Fossilienfreunde. Wie herausragend diese Fundstätte aber tatsächlich ist, dürfte nun sogar Kenner überraschen. Jelle Heijne – Student der Universität Bonn, selbst Niederländer und passionierter Fossiliensammler – hat für seine Masterarbeit Stücke aus Museen und Privatsammlungen analysiert. Dabei stieß er auf eine erstaunliche Menge fast komplett erhaltener Skelette im Alter zwischen 242 und 247 Millionen Jahren. Seine Studie ist nun in der Paläontologischen Zeitschrift erschienen.

Exakt 327 Überreste von Meeresreptilien hat Heijne für seine Masterarbeit untersucht – zusammengetragen aus öffentlichen Museen, vor allem aber aus rund 20 Privatsammlungen. Besonders beeindruckt hat ihn dabei die hohe Qualität der Funde: „Darunter waren mehr als 20 zusammenhängende Skelette“, sagt er. „Von den anderen Fundstätten des Germanischen Beckens, das ja immerhin von England bis nach Polen reicht, sind nur wenige komplette Skelettfunde bekannt.“

In seiner Studie ist der 25-Jährige der Frage nachgegangen, warum sich die mehr als 240 Millionen Jahre alten Knochen bei Winterswijk derart gut erhalten haben. Dies dürfte wohl einer Kombination glücklicher Umstände zuzuschreiben sein: Das Germanische Becken war zu jener Zeit ein Meer, und das war im heutigen Winterswijk ausgesprochen flach. So fanden sich unweit der Reptilienknochen auch fossile Fußabdrücke von landlebenden Tieren. Wahrscheinlich ähnelte die Region dem heutigen Wattenmeer der Nordseeküste – nur dass der Grund nicht sandig war, sondern von Kalkschlamm bedeckt.

Die geringe Tiefe sorgte dafür, dass Kadaver schnell auf den Grund trafen, wo sie von Sediment bedeckt wurden. Anderswo, wo tote Tiere lange im Wasser treiben und von Wellen und Strömungen hin- und hergeworfen werden, steigt damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass Körperteile wie Schwanz, Gliedmaßen oder der Kopf letztlich verloren gehen.

Ein weiterer wichtiger Faktor war ein Prozess, den Paläontologen „Stick'n'Peel“ nennen (festkleben und abpellen): Dabei wird das Tier von Mikroorganismen und Algen bewachsen, die das Skelett wie eine Haut zusammenhalten. „Vermutlich waren es vor allem diese beiden Faktoren, die das Auftreten gut erhaltener Funde begünstigt haben“, erklärt Heijne.

Für die Stick'n'Peel-Hypothese gibt es einige Indizien. So fehlen bei einigen Skeletten einzelne größere Knochen, während die kleinen Knöchelchen vollständig sind. „Solche ungewöhnlichen Muster treten auf, wenn ein Skelett ungleichmäßig bewachsen und damit geschützt wurde“, erklärt Heijne. Er ist in den Niederlanden seit Jahren Mitglied in einem Verein von Privatsammlern. Für seine Studie die ideale Kontaktbörse: „Die Sammler, die ich angesprochen habe, waren alle stolz darauf, einen Beitrag zur Erforschung von Winterswijk leisten zu können.“

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