Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Vorbild Hundeschnauze

SANKT AUGUSTIN · Drei Projekte der H-RBS werden mit insgesamt 600.000 Euro vom Land gefördert. Es geht um die Arbeit an Käfer- und Sprengstoffsensoren, die Optimierung von E-Bikes und die Untersuchung von bestimmten Varianten in der DNA-Sequenz.

 Mit einer Hundenase können es Detektoren, an denen bei der H-BRS geforscht wird, nicht aufnehmen. FOTO: DPA

Mit einer Hundenase können es Detektoren, an denen bei der H-BRS geforscht wird, nicht aufnehmen. FOTO: DPA

Foto: picture alliance / dpa

Über die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) ist ein kleiner Geldregen hernieder gegangen: Das Land Nordrhein-Westfalen hat entschieden, drei Forschungsprojekte mit insgesamt knapp 600.000 Euro zu fördern, die das wissenschaftliche Profil der H-BRS nachhaltig prägen sollen. Im Fokus stehen dabei die biologische Sensorik, die biohybride Elektromobilität sowie die funktionale und forensische Genomik – oder vereinfacht ausgedrückt: Die Arbeit an Käfer- und Sprengstoffsensoren, die Optimierung von E-Bikes und die Untersuchung von bestimmten Varianten in der DNA-Sequenz.

Das Institut für Detektionstechnologien (IDT) beschäftigt sich unter anderem mit der Erkennung von Gefahrstoffen durch den Einsatz von „Lebenden Sensoren“ – einer Aufgabe, die im Alltag üblicherweise von Spürhunden übernommen wird. Diese können mit ihren hoch entwickelten Nasen bekanntlich darauf trainiert werden, alles mögliche zu erschnüffeln, von Sprengstoff bis hin zu Schädlingen wie dem Asiatischen Laubholzbockkäfer, die für den Baumbestand in Deutschland eine nicht zu unterschätzende Bedrohung darstellen.

„Es gibt prinzipiell auch sensorische Systeme, die diese Aufgaben übernehmen können, aber der chemische Hintergrund ist einfach unglaublich komplex, weswegen diese Systeme in der Praxis meist nicht verwendet werden können“, erklärt Professor Peter Kaul, der zusammen mit seinem Kollegen Professor Gerhard Holl die Forschungen am IDT durchführt.

„Wenn Sie aus etwa 300 Gerüchen die drei bis vier herausfiltern wollen, die entscheidend sind, stoßen heutige Detektoren schnell an ihre Grenzen.“ Um dies zu verbessern, wollen Kaul und Holl mit Hilfe von speziellen Gaschromatographen die genaue Zusammensetzung entsprechender Luftproben untersuchen, um letztlich Wege zu finden, die ins-trumentellen Verfahren zu optimieren. „Parallel dazu könnten unsere Forschungen auch dazu beitragen, einen künstlichen Geruch herzustellen, mit dem Spürhunde ausgebildet werden könnten“, sagt Holl. „Klar ist: Selbst unter Laborbedingungen sind wir noch meilenweit von der Präzision einer Hundenase entfernt.“ Vom Land erhält das IDT Zuschüsse in Höhe von 250.000 Euro.

Auch in anderen Bereichen geht es in erster Linie um Optimierung. So nehmen die Professoren Alexander Asteroth, Roustiam Chakirov und Stefanie Meilinger die Elektromobilität unter die Lupe. „In Deutschland ist die viel weiter verbreitet als die meisten Menschen glauben“, erklärt Asteroth. „Die vom Bund angestrebten Zahlen für Elektrofahrzeuge haben wir eigentlich schon längst erreicht – nur eben nicht auf den Straßen, sondern auf den Fahrradwegen.“ Daher fokussieren er und seine Kollegen sich auch auf die biohybriden (also von Muskelkraft und Elektrizität gleichermaßen angetriebenen) Fahrzeuge, unter denen die E-Bikes die am weitesten verbreitete Klasse darstellen, und die Potenziale zur Effizienzsteigerung.

„Natürlich geht es dabei zum Teil um Aerodynamik und Materialkunde, aber auch um die Steuerung – und um den Trainingseffekt auf den Menschen“, sagt Asteroth. „In den Rheinauen fahren zum Beispiel viele mit einem E-Bike wie mit einem Mofa. Wenn man dagegen einem Computer überlassen würden, wie der Elektroantrieb den Fahrer optimal unterstützen kann, könnte ein Trainingseffekt erzielt werden, der außerdem gesundheitsförderlich ist. Gleiches gilt, wenn Sie den Venusberg hochfahren: Ein Chip, in dem die Wegstrecke mit den jeweiligen Steigungen einprogrammiert sind, kann die benötigte Unterstützung entsprechend des Fahrerprofils punktgenau berechnen.“ Im Rahmen des neuen Instituts für Technik, Ressourcenschonung und Energieeffizienz (TREE) sollen die entsprechenden Forschungen auch über die Laufzeit des mit 100.000 Euro geförderten Projekts hinaus fortgeführt werden.

Das dritte der vom Land geförderten Projekte an der H-BRS soll den Grundstein für die Errichtung eines kompletten Forschungsschwerpunkts bilden: In der Funktionalen und Forensischen Genetik, die nun mit 240 000 Euro bezuschusst wird, widmet sich ein Konsortium von Biochemikern, Biologen und Informatikern in Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und Unternehmen der Analyse so genannter Polymorphismen.

„Zunächst einmal sind diese Sequenzvarianten in der DNA ganz normal“, erklärt Professor Richard Jäger vom Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften. „Manche sind zum Beispiel für blaue Augen oder krause Haare verantwortlich, andere können aber auch für Stoffwechselstörungen oder Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten ausschlaggebend sein.“ Um die entsprechenden Mechanismen zu identifizieren und zu verstehen, setzen die Wissenschaftler daher auf neuartige Sequenzierverfahren, mit denen Hunderte verschiedene Bereiche in der DNA gleichzeitig analysiert werden können.

Für die Bewältigung der enormen Datenmengen ist der Bioinformatiker Professor Ralf Thiele zuständig. Der Fokus der Untersuchungen liegt dabei auf drei unterschiedlichen Fragestellungen: Während Professor Jörn Oliver Sass angeborene Stoffwechselstörungen unter die Lupe nimmt und Professor Christoph Volk die Zusammenhänge zwischen Polymorphismen und Parkinson untersucht, will Jäger die Daten zur Verbesserung von DNA-Profilen nutzen.

„Auf zwei gleichen Chromosomen können an derselben Stelle unterschiedliche Anzahlen von Basenpaaren sitzen“, erklärt er. „Diese Zahlen werden bereits in Kriminaldatenbanken genutzt und ermöglichen unter optimalen Bedingungen eine Identifizierung von Opfern oder Tätern. Was aber, wenn die DNA-Spuren nicht für ein vollständiges Profil ausreichen oder das Material etwa durch eine Katastrophe beschädigt ist? Dann könnten die Polymorphismen helfen, da sie weitere Kennzahlen liefern, die eine eindeutige Zuordnung ermöglichen.“

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