Mobilität und Raumfahrt Schlüssel für die Infrastruktur der Zukunft

BONN · Satellitendaten helfen schon heute Millionen Menschen durch den Alltag. Was bedeutet die Raumfahrt für die Mobilität von morgen? Eine neue Initiative dazu startete jetzt in Bonn.

 Ohne die Raumfahrt wären viele technische Errungenschaften, die das Leben auf Erden erleichtern, nicht denkbar.

Ohne die Raumfahrt wären viele technische Errungenschaften, die das Leben auf Erden erleichtern, nicht denkbar.

Foto: picture alliance / Malcolm Denem

Eine Fahrt zu einem unbekannten Ziel? Dank Navigationsgerät kein Problem mehr – und dank der dazugehörigen Satelliten, die den Nutzer lokalisieren und die Daten liefern, mit denen man Schritt für Schritt zu seinem Ziel gelotst wird. Ein Luxus im Bereich Mobilität. Doch Industrie und Wirtschaft, die bereits jetzt weitaus enger von der „orbitalen“ Infrastruktur abhängig sind als einzelne Menschen, träumen von einer noch intensiveren Nutzung dieser Daten aus dem All.

Dabei ist dies nur einer der Aspekte der Raumfahrt, der für andere Branchen überaus interessant sein kann. Nun haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn eine Initiative ins Leben gerufen, das den engen Austausch zwischen Mobilität, Logistik und Raumfahrt stärken soll.

„Autonome Fahrzeuge, neue Werkstoffe, leistungsfähige Datenverarbeitung und innovative Antriebe gehören im Mobilitätsbereich zu den Herausforderungen der Zukunft“, erklärte Wolfgang Scheremet, Leiter der Abteilung Industriepolitik im BMWi, bei der Geburtsstunde von „Raumfahrt bewegt“ am Montag. „Was liegt näher, als bei der Raumfahrt, die zur Speerspitze der technologischen Entwicklung gehört und die immer bereits einen Schritt weiter ist, Anleihen zu machen?“

Wie erfolgversprechend dies sein kann, hat die Vergangenheit bereits hinlänglich bewiesen: „Häufig kommt die Frage auf, was etwa das Apollo-Programm in den 60er Jahren wirklich gebracht hat“, sagte Professor Stefanos Fasoulas, Leiter des Instituts für Raumfahrtsysteme an der Universität Stuttgart, während seines Vortrags. „Aber denken Sie nur an Quarzuhren, Akkubohrer, kratzfeste Brillengläser und vieles mehr – all diese Entwicklungen wurde durch die Raumfahrt perfektioniert.“

Gerd Gruppe aus dem Vorstand des DLR-Raumfahrtmanagements verwies zudem auf die Sonde Rosetta, die im November 2014 den Lander Philae auf dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko abgesetzt hatte. „All das geschah natürlich vollkommen autonom, das Zusammenspiel von Sensoren und die Mustererkennung hat hervorragend funktioniert“, sagte er – dann sollte eine Adaption für den Straßenverkehr kein unüberwindbares Hindernis darstellen.

Darauf hofft offenbar auch die Mobilitätsbranche. Ob sich dadurch aber die Frage nach der Verantwortung des Menschen im Falle eines Unfalls mit einem autonomen Fahrzeug derart einfach klären lässt, wie es Tobias Miethaner, Leiter der Abteilung für die Digitale Gesellschaft im Bundesverkehrsministerium, in seinem Vortrag impliziert, sei dahingestellt. Ein entsprechender Gesetzesentwurf stieß auf jeden Fall Anfang März in Bundestag und Bundesrat auf ein geteiltes Echo.

Unzweifelhaft ist jedoch die Raumfahrt ein „Schlüsselfaktor in der Infrastruktur“, wie Fasoulas ausführte. Die Standortbestimmung von Fahrzeugen, Menschen und Warencontainern, die schon längst im Alltag angekommen ist (schon die intelligenten Anzeigetafeln an Bus- und Bahnhaltestellen sind nur dank dieser Technologie möglich) erscheint bereits jetzt nahezu unverzichtbar und wird in Zukunft wahrscheinlich nur noch bedeutsamer.

Damit hatte selbst der Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke nicht gerechnet, als er 1945 von geostationären Satelliten zur weltweiten Kommunikation träumte und seiner Zeit damit um 20 Jahre voraus war. Und auch wenn die Raumfahrt mit dem einen Auge in die Weiten des Weltalls blickt, ist das andere doch fest auf die Erde gerichtet. „Daher ist das Motto der Initiative auch sehr gut gewählt“, erklärte Fasoulas am Montag. „Denn die Raumfahrt bewegt Menschen und Güter, Wissen und Technologie – und auch die Fantasie.“

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