Weiterentwicklung Neuer Chef-Gynäkologe über seine Pläne in Bonn

Bonn · Alexander Mustea, der neue Chef-Gynäkologe der Uniklinik Bonn, hat große Pläne. Unter anderem will er die minimal-invasive Chirurgie weiterentwickeln.

Professor Alexander Mustea ist neuer Direktor der Gynäkologie und Gynäkologischen Onkologie der Uniklinik.

Professor Alexander Mustea ist neuer Direktor der Gynäkologie und Gynäkologischen Onkologie der Uniklinik.

Foto: Benjamin Westhoff

An diesem Montagvormittag liegt schon einiges hinter Alexander Mustea. Zum einen eine recht kurze Nacht. Gegen 0 Uhr war er wieder zu Hause in Wachtberg, ein paar Stunden zuvor landete sein Flieger in Frankfurt. Er kam aus Chicago, hatte dort eine Konferenz besucht und vor anderen Experten einen Vortrag über neue Therapiemöglichkeiten bei Eierstockkrebs gehalten. Zum anderen stand der Professor schon früh am Tag im OP. Bei einer 14-Jährigen, die sehr krank ist, schon mehrfach operiert wurde und eine Chemotherapie erhält, hat er einen Tumor am Eierstock entfernt. Da er den Eingriff per Bauchspiegelung durchführen konnte, war der Schnitt nur etwa zehn Millimeter groß.

Die sogenannte Schlüsselloch-Chirurgie gehört zu den Schwerpunkten Musteas, dem neuen Direktor der Gynäkologie und Gynäkologischen Onkologie am Uniklinikum Bonn. "In den letzten zehn Jahren hat sich in der Gynäkologie sehr viel getan. Inzwischen können wir 95 bis 96 Prozent aller Eingriffe an der Gebärmutter minimal-invasiv durchführen. Dies versuchen wir jetzt auch in Bonn maximal auszunutzen, um bei so vielen Patientinnen wie möglich auf große Schnitte zu verzichten", sagt der 45-Jährige.

"Offene Operationen" hingegen seien nach wie vor bei den großen Eingriffen wie bei Eierstockkrebs und auch meist bei Gebärmutterhalskrebs nötig. Nicht zuletzt deswegen will der Neu-Bonner auf dem Venusberg die Forschung an beiden Erkrankungen weiter vorantreiben. Derzeit laufen schon die Stellenausschreibungen für die neuen Mitarbeiter in den Laboren.

Der Eierstockkrebs wird nur bei jeder fünften Betroffenen im Frühstadium erkannt. Da das Ovarialkarzinom häufig sehr lange keine oder nur unspezifische Symptome hervorruft, ist eine Früherkennung schwierig. Bei 80 Prozent der Betroffenen hat der Eierstockkrebs bei Diagnosestellung bereits in den Oberbauch gestreut. Der Eingriff, der dann folgt und alle sichtbaren Tumore entfernen soll, ist sehr komplex. "Das Management gelingt nur fächerübergreifend in Zusammenarbeit mit der Chirurgie, Urologie, Onkologie, Radiologie sowie Pathologie. Es freut mich, dass die Kompetenz der einzelnen Fächer am Uniklinikum Bonn vertreten ist", sagt Mustea. Er rät unbedingt allen Frauen, wegen der Chance, einen Tumor möglichst früh zu erkennen, jedes Jahr zur Krebsvorsorge bei den niedergelassenen Gynäkologen zu gehen. Für Frauen, die auf seiner Station behandelt werden, sieht er die bereits seit vielen Jahren bestehende Anbindung an die onkologische Psychosomatik und die "Frauenselbsthilfe nach Krebs" als großen Vorteil.

Die von ihm favorisierte Schlüsselloch-Chirurgie will Mustea nun unter anderem bei der Behandlung von Krebs der Gebärmutterschleimhaut sowie bei der gutartigen aber oft schmerzhaften Endometriose ausbauen. Bei dieser Erkrankung siedelt sich die Schleimhaut der Gebärmutter an anderen Stellen im Bauchraum an; sie betrifft oft junge Frauen und zieht für sie Schwierigkeiten nach sich, schwanger zu werden. Mustea plant, ein zertifiziertes Endometriose-Zentrum auf dem Venusberg aufzubauen. Zudem steht ein neues Zentrum für Uterine Sarkome (eine Gruppe seltener bösartiger Tumore der Gebärmuttermuskulatur) auf der langen Liste selbst gestellter Aufgaben des Mediziners.

Mustea hat bereits Erfahrung in der Etablierung solcher spezialisierter Standorte. In Moldawien geboren und aufgewachsen, ging er nach seinem Medizinstudium in der Hauptstadt Chisinau an das Universitätsklinikum der Stadt Wien, von dort aus mit einem DAAD-Stipendium an die Berliner Charité und war anschließend elf Jahre lang stellvertretender Direktor und Leitender Oberarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Universitätsmedizin Greifswald. Dort gründete er das erste Gynäkologische

Tumorzentrum in Mecklenburg-Vorpommern.

Neben der Tumorchirurgie, die Mustea unter anderem mit Einsatz des OP-Roboters "Da Vinci" ab 2020 weiterentwickeln will, setzt er auch auf klinische Studien. In Greifswald hat er bereits die erste in Deutschland zu dem seltenen Leiomyosarkom initiiert, einem Tumor von Weichgeweben der Gebärmutter. Er will sie an seiner neuen Wirkungsstätte weiterführen. Zudem hat er ein großes EU-Projekt mit drei Millionen Euro Förderung nach Bonn geholt: An dem Konsortium, das zu neuen Möglichkeiten der Therapie bei Eierstockkrebs forscht, sind insgesamt 16 Kliniken beteiligt.

"Meine Philosophie ist, dass wir am besten für jede Indikation eine Studie hätten", sagt der Professor, der neben Deutsch, Englisch, Rumänisch und Französisch auch Russisch spricht. Gründe für diese Ansicht kann er einige nennen. "Erstens gibt es nach einer Studie zumindest immer eine Person, die sehr viel Ahnung von der Krankheit hat", erklärt der Vater von zwei Kindern. Zweitens bekämen Patientinnen, die sich an einer Studie beteiligten, gemäß dem Motto "Vom Labor ans Krankenbett" Zugang zu neuen Therapien - auch zu Medikamenten, die noch nicht zugelassen seien. Und drittens wüssten die Frauen durch den genauen Aufbau der Studie immer genau, welche Behandlung nun in zwei, drei oder vier Monaten anstehe.

Den Ruf an die Bonner Universität empfindet Mustea als "große Ehre mit allen Möglichkeiten. Hier kann ich alles machen, was mir in meinem Beruf wichtig ist: Heilen, Lehren und Forschen."

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