Equal Care Day in Bonn Und wieder springt die liebe Oma ein

Bonn. · Bonner Autoren rufen „Equal Care Day“ ins Leben und rücken damit Menschen, die Fürsorge leisten, in den Mittelpunkt

 Wenn die Kita mal zu hat und die Eltern arbeiten gehen möchten oder müssen, ist eine alternative Betreuung gefragt.

Wenn die Kita mal zu hat und die Eltern arbeiten gehen möchten oder müssen, ist eine alternative Betreuung gefragt.

Foto: picture alliance / dpa/Armin Weigel

Wer hilft der betagten Nachbarin beim Raufschleppen des Einkaufskorbs? Oft eine jüngere Nachbarin. Wer pflegt Mutter oder Vater, um ihnen das Seniorenheim zu ersparen oder weil es einfach zu kostspielig ist? Häufig die Tochter oder das Schwiegerpendant. Wer holt den Nachwuchs von der Kita ab und begleitet anschließend das förderungsbedürftige Kind zur Logopädin oder Physiotherapeutin? In vielen Fällen die Mutter. Und wer übernimmt gleich einen ganzen Betreuungstag bei den Kleinen, wenn die Kita mit einer gewissen Leichtigkeit des Seins mal eben zwei Konzeptions-
tage einschiebt und dafür relativ kurzfristig dichtmacht? In den günstigsten Fällen wohl die Oma, und zwar die, die immer hilft und nicht viel Wind darum macht.

Es gibt Listen, die lassen sich fast bis ins Unendliche fortführen. Dazu zählt wohl auch die obige, die zeigt, dass ein Großteil der schlecht bezahlten oder unentgeltlichen Fürsorge-Arbeit von Frauen geleistet wird. Dieses Thema treibt Almut Schnerring schon seit Längerem um. Um darauf aufmerksam zu machen, hat die Bonner Autorin und Lehrbeauftragte im Optionalbereich der Philosophischen Fakultät der Uni Bonn zusammen mit ihrem Kollegen Sascha Verlan den „Equal Care Day“ ins Leben gerufen. Er ist an den „Equal Pay Day“ angelehnt, der seit Jahren die großen Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen aufspießt, und soll die Leistungen derer, die andere unterstützen und dabei oft nicht viel darüber reden, in den Mittelpunkt rücken.

Auch die Stadt Bonn hat die Relevanz des Themas erkannt und ihre Mitarbeiter zum Ausfüllen eines anonymisierten Online-Fragebogens eingeladen. Damit möchten die Personaler herausfinden, wie viel Fürsorge-Arbeit die Angestellten zusätzlich zu ihrer Berufstätigkeit leisten und wie dieses Engagement anerkannt wird. „Ohne Care-Arbeit, ohne Fürsorge, gibt es kein Leben, kein Miteinander. Dennoch werden diese Tätigkeiten in der Öffentlichkeit häufig vernachlässigt“, sagt Schnerring. Deswegen hat sie sich für die Veranstaltungen zum Bonner „Equal Care Day“ auch Termine um den 29. Februar herum ausgesucht. Denn wie der Schalttag werde auch die Fürsorge-Arbeit während der meisten Zeit einfach übergangen (für Infos zu den öffentlichen Veranstaltungen siehe Kasten).

Mit ihren Studenten von der Bonner Uni hat Schnerring in einem Seminar verschiedene PR-Strategien für den „Equal Care Day“, der unter anderem von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert wird, durchgespielt. Eine Idee soll ganz besonders dabei helfen, die Fürsorge-Arbeit aus ihrem Schattendasein herauszuholen: Schnerring hat eine „Galerie der unsichtbaren Arbeit“ geschaffen, mit der sie Menschen – Frauen und Männer! – vorstellt, die unentgeltliche Fürsorge-Arbeit leisten. Dabei geholfen haben ihr wohlwollende Kollegen, Freunde und Familienangehörige, die ihr ein paar wertschätzende Zeilen über die jeweiligen Fürsorger/Fürsorgerinnen geschickt haben – und oft auch ein Foto dazu. Die Porträt-Reihe ist unter www.equalcareday.de/unversichtbar (jawohl, mit s statt mit z!) zu sehen.

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