Buch von Gisbert Ter-Nedden Ein Bonner Professor knackte „den Lessing-Code“

BONN · Posthum ist Gisbert Ter-Neddens Buch „Der fremde Lessing“ erschienen. Es stellt Lessings Werk auf eine neue philologische Grundlage, sagen Experten. Am Freitag wird es vorgestellt.

 Eine Büste Gotthold Ephraim Lessings im sächsischen Kamenz.

Eine Büste Gotthold Ephraim Lessings im sächsischen Kamenz.

Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Es war nicht der berühmte „Da Vinci Code“ des Krimi-Autors Dan Brown. Es war „der Lessing-Code“, den der 2014 verstorbene Bonner Professor Gisbert Ter-Nedden sozusagen knackte. Es war diese so spezifische Formel einer Koppelung von Illusionserzeugung und kritischer Reflexion, die der Germanist als maßgeblich für den Dichter Gotthold Ephraim Lessing und damit auch für die Epoche der Aufklärung so benannte.

Es war die befruchtende Verbindung von Literatur und antiker Philosophie, die Ter-Nedden in seinem Lebenswerk gerade dem großen Aufklärer Lessing zuordnete. Und die nun durch ein frisch gedrucktes Buch noch einmal für die Forschung unterstrichen wird. Am Freitag, 9. Dezember, stellt es der Grazer Literaturwissenschaftler Robert Vellusig als Herausgeber in der Parkbuchhandlung in Bad Godesberg vor: zu Ehren seines Kollegen und Freundes Ter-Nedden.

Dieses letzte Buch des Bonner Autors heißt „Der fremde Lessing. Eine Revision des dramatischen Werks“. „Ja, Lessing ist ein schwieriger Autor“, gibt Herausgeber Vellusig zu. Der Dichter der Aufklärung zähle zwar zu den Schöpfern des modernen Bewusstseinsdramas. Sein Werk erschließe sich aber keineswegs darüber, dass man sich ins Handeln der literarischen Figuren hineinfühle.

„Es ist das Werk eines Philologen, der größten Wert darauf legt, den denkenden Kopf an seiner kritischen Aneignung des literarischen Erbes teilhaben zu lassen.“ Genau das habe Gisbert Ter-Nedden immer wieder herausgestellt, lobt sein Vertrauter aus Graz. Ter-Nedden habe Lessings Sprache der Schlüsselzitate entziffert und die scharfsinnige Um- und Neugestaltung der literarischen Vorlagen mitdenkend nachvollzogen.

„Damit stellt Ter-Nedden nicht nur die Auseinandersetzung mit Lessings Werk auf eine neue philologische Grundlage. Er bringt auch das literarische Ethos dieses ältesten modernen Dramatikers der Deutschen zur Geltung.“ Und das sei der kosmopolitische Beitrag zu einer „Erziehung des Menschengeschlechts“, die jede Bindung an eine religiöse Dogmatik hinter sich gelassen habe, so Vellusig. Ein hochaktueller Gedanke.

„Mein Mann hat nach Studien in Bonn und Berlin seine Doktorarbeit noch über Günter Grass geschrieben“, erinnert sich Barbara Ter-Nedden, deren Buchhandlung nun diese Premiere ausrichtet. Ihr Mann war damals an der Universität Erlangen-Nürnberg wissenschaftlicher Mitarbeiter von Professor Kurt Wölfel, der dann ab 1982 an der Bonner Uni lehrte. 1981 landete Ter-Nedden schließlich bei seiner Passion Lessing: per Habilitation über dessen Trauerspiele.

Von 1985 bis 2005 konnte er diese Leidenschaft als Professor der Fernuniversität Hagen auch an seine Studenten weitergeben. Bis zu seinem Lebensende habe ihr Mann an diesem letzten seiner Lessing-Bücher gearbeitet, sagt seine Frau. Er habe seine Ergebnisse immer auch gerne der jungen Generation präsentiert: etwa bei Auftritten in seiner ehemaligen Schule, dem Aloisiuskolleg. „Mein Mann hat seinen Beruf so geliebt. Es würde ihn freuen, dass nun dieses Buch erscheint.“

Buchvorstellung Gisbert Ter-Nedden, Der fremde Lessing, 34,90 Euro. Freitag, 9. Dezember, 19.30 Uhr, Parkbuchhandlung, Koblenzer Straße 57

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