Alanus Hochschule in Alfter Das Ende einer Ära

Alanus-Rektor Marcelo da Veiga gibt sein Amt im Frühjahr ab. Im Interview zieht er Bilanz, verrät große Ziele für die Zukunft der Hochschule und sagt, was er nach einem Forschungsfreisemester machen wird.

 Er wollte mehr Zeit für die akademische Lehre haben. Und die hat er kommendes Jahr: Alanus-Rektor Marcelo da Veiga.

Er wollte mehr Zeit für die akademische Lehre haben. Und die hat er kommendes Jahr: Alanus-Rektor Marcelo da Veiga.

Foto: Alanus Hochschule

Herr da Veiga, warum hören Sie als Rektor auf?

Marcelo da Veiga: Grundsätzlich möchte ich mich gerne wieder verstärkt der Lehre und Forschung widmen. Ursprünglich wollte ich deswegen schon im Jahr 2014 nicht mehr kandidieren. Allerdings hat der Senat dann meine Amtszeit noch einmal verlängert. Dahinter stand ein Prozess, der vonseiten der Hochschule nun abgeschlossen ist, daher der Zeitpunkt im Frühjahr.

Was hat es damit konkret auf sich?

da Veiga: Wir haben den Antrag gestellt, zusätzlich zu unserem Kunsthochschulstatus, als Universität anerkannt zu werden. Da ich in solchen Prozessen eine gewisse Erfahrung habe, ist meine Amtszeit damals um eine Zeit verlängert worden, die reicht, um das voranzutreiben. Ich habe also nicht erneut kandidiert, sondern nur akzeptiert, weiterhin im Amt zu bleiben, um diese Aufgabe beim Wissenschaftsrat zu verhandeln. Dieser wird sein Votum abgeben, auf dessen Grundlage das Wissenschaftsministerium über unseren Antrag entscheidet.

Und die Kunsthochschule wird dann zur Universität?

da Veiga: Nein. Die Sache ist sehr kompliziert. Es soll beides geben. Auch wenn wir als Kunsthochschule universitären Charakter haben, dürfen wir nämlich nur in künstlerischen Bereichen Lehrer ausbilden. Wir möchten aber in Kooperation mit der Uni Bonn auch Lehrer in weiteren Fächern ausbilden. Dafür brauchen wir den Status als Universität. Daher haben wir unsere Hochschule in zwei Fakultäten gegliedert: eine für Kunst und eine für Human- und Gesellschaftswissenschaften. Letztere soll dann diesen ergänzenden Status als Universität erhalten. Das ist ein Unikum. Wobei es im Bereich von privaten Hochschulen noch wildere Konstrukte gibt.

Was ändert sich, sollte der Plan anerkannt werden?

da Veiga: Das ist der zweite Punkt. Wir haben auch beantragt, dass das Promotionsrecht erweitert wird. Bisher müssen wir immer als Zweitgutachter einen Kollegen einer Universität beteiligen, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass an Kunsthochschulen nicht in entsprechendem Umfang wissenschaftlich gearbeitet wird, sondern künstlerisch. Wir wollen für alle wissenschaftlichen Fachbereiche das volle Promotionsrecht. Dahinter stehen komplexe Vorgänge und der Ausgang ist völlig offen.

Wird es denn für Ihren Nachfolger dann leichter ab Frühjahr?

da Veiga: Es tritt dann eine Phase von zwei bis drei Jahren ein, in der Ruhe herrscht, weil alle Studiengänge reakkreditiert sind und keine Großprojekte anstehen. So hat mein Nachfolger die Möglichkeit, sich in die Materie einzuarbeiten, weil er nicht solche komplexen Dinge begleiten muss. Daher ist der Zeitpunkt gut gewählt.

Was kommt danach?

da Veiga: Diese gut 15 Jahre waren eine lange und turbulente Zeit, da ich ja nicht nur akademisch, sondern teilweise als Geschäftsführer auch kaufmännisch für diese Institution mit zuständig war, die ja ohne öffentliche Gelder auskommen muss. Das hat mir wenig Zeit und Raum gelassen, mich der Lehre und Forschung zu widmen. Hier wurde in dieser Zeit ja auch gebaut, es wurden Studiengänge gegründet und es gab um die 70 Berufungsverfahren, für die ich zuständig war. Die Ereignisdichte war extrem hoch. Das ist sehr zehrend, weil es einen Sogeffekt gibt, der bewirkt, dass man nicht aussteigen kann, ohne dass das Ganze bedroht wird.

Sie wollten also immer weg, konnten aber nicht?

da Veiga: (lacht) Ich wollte immer Zeit und Raum für die akademische Lehre haben. Dann hat die institutionelle Entwicklung aber eine Eigendynamik entwickelt, und ich war anscheinend die richtige Person am richtigen Ort. Aber es ist nicht so, dass ich darunter gelitten habe, das gemacht zu haben, auch wenn ich nur vorhatte, für kurze Zeit Rektor zu sein. Mittlerweile funktioniert das System hier unabhängig von meiner Person. Daher kann ich mich zurückziehen und das machen, was ich die ganze Zeit schon machen wollte.

Steht Ihr Nachfolger als Rektor bereits fest?

da Veiga: Nein. Es wird zunächst eine kommissarische Hochschulleitung geben, was ich persönlich sehr gut finde, weil ich zunächst ein Forschungsfreisemester machen werde und so ein gewisser Abstand entstehen kann zwischen mir und meinem Nachfolger. So kann er schlicht Aufgaben übernehmen und muss nicht in meine Fußstapfen treten, während ich ihm im Nacken sitze. Vielmehr hoffe ich, dass es ihm gelingt, die Hochschule weiterhin erfolgreich weiterzuentwickeln.

Das heißt, Sie werden der Alanus Hochschule treu bleiben?

da Veiga: Definitiv. Das ist ja hier ein traumhafter Ort, weil man gerade im humanwissenschaftlichen Bereich sehr viele akademische Freiheiten und sehr motivierte Studenten und Kollegen hat. Die Hochschule ist inhaltlich genau so, wie ich sie mir erträumt habe.

Ist das Wort Lebenswerk rückblickend auf das, was Sie hier erreicht haben, angemessen?

da Veiga: Einige Menschen behaupten, die Alanus Hochschule wäre ein bisschen wie mein Kind. Doch am Aufbau waren sehr viele Menschen beteiligt. Ich bilde mir aber zumindest ein, den Spagat zwischen den anthroposophischen Wurzeln der Hochschule und akademischen Standards ganz gut hinbekommen zu haben. Es war ein Gemeinschaftswerk, an dem viele Menschen mitgewirkt haben, doch ich war immer wieder die treibende Kraft für viele Dinge, etwa wie ein Architekt, der die Idee für den Entwurf hat und das große Ganze im Blick behält. Das war insgesamt eine sehr reichhaltige Zeit mit vielen Dingen, auf die ich nicht vorbereitet war und auf die ich mich einlassen musste. Andererseits hatte ich aber auch sehr viel Raum für Ideen und konnte diese auch verwirklichen. Dabei habe ich viel Unterstützung erfahren. Heute kann ich sagen: Die Ziele, die ich erreichen wollte, habe ich erreicht.

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