Hochschule in Alfter Alanus-Ringvorlesung über „Weihnachten – das Fest der Liebe“

Alfter · Das Finale der Alanus-Ringvorlesung in Alfter: Professorin Gabriele Oberreuter erklärt am kommenden Mittwoch, wie sich das Weihnachtsfest entwickelt hat.

 Das Fest der Liebe mit ganz viel Zuckerguss: So erleben es die Besucher des Bonner Weihnachtsmarktes.

Das Fest der Liebe mit ganz viel Zuckerguss: So erleben es die Besucher des Bonner Weihnachtsmarktes.

Foto: Benjamin Westhoff

Das erste Weihnachtsfest, von dem wir wissen, feierte der Heilige Franziskus. Gemeinsam mit seinen Ordensbrüdern stellte er im Wald eine Krippe mit Heu auf, inklusive Ochse und Esel. Von Weihnachtsmärkten, Lebkuchen im September und dem alljährlichen Geschenkewahn war das weit entfernt. Wie sich dieser Wandel vollzogen hat, wie sich das Weihnachtsfest vom christlichen Kontext ins Bürgerliche und schließlich ins Kommerzielle gewandelt hat, darüber spricht Professorin Gabriele Oberreuter am kommenden Mittwoch bei der letzten Vorlesung der Reihe „Liebe usw.“, die die Alanus Hochschule gemeinsam mit dem General-Anzeiger veranstaltet.

Zur Liebe passt das Thema perfekt, schließlich gilt das Weihnachtsfest ja gemeinhin als das Fest der Liebe, erklärt die Kunsthistorikerin. Ihr aber geht es um den Wandel vom „Fest der Liebe zur Liebe des Festes“. So hat sie es im Titel der Vorlesung festgehalten. Oberreuter möchte das Weihnachtsfest „abziehen von all der Schokolade“ und den Kern herauskramen. Und das an ausgewählten Beispielen aus der Kunstgeschichte.

Denn auch das klassische Weihnachtsbild entwickelte sich erst nach und nach. „Wir haben vergessen, was Weihnachten eigentlich ist und wo es herkommt“, sagt Oberreuter. Und wo kommt es her?

Das Krippenspiel etwa ist zurückzuführen auf das erste Weihnachtsfest von Franziskus und seinen Ordensbrüdern. Die Heilige Birgitta von Schweden sorgte mit ihrer Reise ins Heilige Land und den dort festgehaltenen Visionen für die klassische Darstellung der Geburtssituation. Plötzlich kniet Maria betend neben dem Jesuskind, „was komisch ist“, sagt Oberreuter. Maria hat ja schließlich gerade ein Kind zur Welt gebracht. Tatsächlich wurde Maria zuvor liegend dargestellt; Birgittas Visionen ändern das. Josef dagegen hält sich eher im Hintergrund, soll er doch nicht als eigentlicher Vater Jesu dargestellt sein. „Das ist letztlich eine Steigerung der Liebesbotschaft“, sagt Oberreuter. Gottes Sohn wurde aus der Liebe zu den Menschen heraus auf die Erde entsandt, nicht geboren. Birgitta von Schwedens Visionen wurden übersetzt und rasch verbreitet. Schon um 1380 sind Bilder nachweisbar. Ihre Visionen nehmen der Geburtssituation das Irdische und tauschen es mit dem Spirituellen. Diese Wandlung prägte das weihnachtliche Bild ab dem Mittelalter. Gefeiert wurde damals in erster Linie durch den Besuch der Christmette, erzählt Oberreuter, immer den Darstellungen der Heiligen Familie zugewandt.

Der Knick, der das Weihnachtsfest dann schließlich ins Bürgerliche und Familiäre brachte, kam im 19. Jahrhundert. In der Zeit des Biedermeier, in der sich das Leben ins Private und Innere richtet, zieht auch das Weihnachtsfest in die Wohnzimmer ein. „Da taucht dann auch der Baum auf“, sagt Oberreuter. Das Weihnachtsfest wird zum Symbol einer „Sehnsucht nach einer ideellen Heimat“ und der „Vorstellung nach der Suche von Kindlichkeit“. An diesem Punkt beginnt die Wandlung vom Fest der Liebe zur Liebe des Festes. Nach der Christmette wird im häuslichen Umfeld weitergefeiert, der Baum mit Äpfeln geschmückt, gemeinsam gegessen, Musik gespielt, Lichter aufgestellt. „Das ist ja was Elementares“, sagt Oberreuter: „Lichter in der dunklen Jahreszeit“. Und Geschenke. „Geschenke gab es schon immer.“ Zum Beispiel in der Geschichte vom Nikolaus, der als anonymer Wohltäter drei goldene Kugeln verschenkt. Auch die Hirten brachten nach der Geburt Jesu Geschenke.

Heute ist das Weihnachtsfest dominiert vom Kommerziellen. „Das ist wirklich unglaublich, was da passiert ist; dass der Kommerz das so an sich gerissen hat“, meint Oberreuter. Die Inflation der Weihnachtsmärkte sei ein Indiz dafür. Alle Jahre wieder werde die Klage über die Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes vernommen, doch der von Jahr zu Jahr wachsenden Vermarktung könne man sich kaum entziehen.

Auf die Stimmung und die Festlichkeit, die die Weihnachtszeit mit sich bringt, möchte heute keiner mehr verzichten. Das ist die Liebe zum Fest, über die Oberreuter in ihrer Vorlesung sprechen will. Und davon, wie die Kunstgeschichte das als Spiegel gesellschaftlicher Anschauungen festgehalten hat.

Gabriele Oberreuter hält ihre Vorlesung „»Jauchzet, frohlocket!« – Vom Fest der Liebe zur Liebe des Festes: Weihnachtsdarstellungen im Wandel der Geschichte“ am Mittwoch, 11. Dezember, im Foyer des Campus II der Alanus Hochschule, Villestraße 3 in Alfter. Der Vortrag mit Diskussion beginnt um 19.15 Uhr.

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