Absturz von Tiangong 1 Raumstation trifft an Ostern auf die Erde

WACHTBERG · Am Osterwochenende krachen Trümmer der chinesischen Raumstation Tiangong 1 auf die Erde - wo genau, ist unbekannt. Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik in Wachtberg beobachtet den Vorgang.

Nicht einmal sieben Jahre ist es her, dass das chinesische Raumlabor Tiangong 1 (Himmelspalast 1) in seine Erdumlaufbahn gebracht wurde. Kommendes Wochenende wird es unkon-trolliert abstürzen. Unklar ist, wo und wann genau. Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik beobachtet den Vorgang mit seinem Radar „TIRA“ (Tracking and Imaging Radar) im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA und des deutschen Weltraumlagezentrums (WRLageZ). Dabei werden wertvolle Daten gesammelt.

Die chinesische Raumfahrtbehörde hatte bereits 2016 den Funkkontakt zu Tiangong 1 und somit die Möglichkeit, die Raumstation zu steuern, verloren. Bemannt ist sie seit 2013 nicht mehr. Die Station bewegte sich in einer Höhe zwischen 362 und 380 Kilometern. Ihr Wiedereintritt in die Erdatmosphäre war ursprünglich als kontrollierter Sturz in den Ozean geplant. Nun arbeiten Raumfahrtbehörden in aller Welt an Prognosen zu den Absturzumständen.

Zu berücksichtigen gibt es beim erstellen solcher Vorhersagen vieles: Durch die hohe Geschwindigkeit von etwa 29.000 km/h führen selbst kleine Ungewissheiten zu großen Abweichungen. Ein Faktor dabei ist die Dichte der Atmosphäre, die vom Sonnenwind (unseren Planeten von der Sonne her treffende, geladene Teilchen) abhängt.

Fraunhofer-Institut trägt maßgeblich zur Datenlage bei

Wichtig ist aber auch die Rotation des über acht Tonnen schweren Körpers, wann er beginnt zu zerbrechen und wie die Fragmente sich verhalten. Hier trägt das Fraunhofer-Institut maßgeblich zur Datenlage bei: Es verfügt, so seine Pressestelle, mit „TIRA“ über eines der weltweit leistungsfähigsten Systeme zur Weltraumbeobachtung. Denn die Radarkuppel, sicherlich vielen Lesern als riesiger „Golfball“ nahe Wachtberg bekannt, kann unabhängig von der Wetterlage sehr genaue Bilder (Siehe Foto) des Objektes liefern.

Zu erwarten ist, dass die Einzelteile, die nicht durch Luftreibung verbrennen, sich über eine große Fläche auf der Erde verteilen. Für Deutschland kann dies allerdings ausgeschlossen werden. Nach derzeitiger Berechnung können Trümmerteile nur Regionen bei 42,8 Grad nördlicher oder südlicher Breite, also entweder auf Höhe von Japan und Spanien oder Neuseeland und Argentinien, die Erdoberfläche erreichen. Ein Großteil der möglicherweise betroffenen Gebiete ist nicht besiedelt. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Stück der Weltraumstation Tiangong 1 auf einen Menschen fällt, ist deswegen 10 Millionen mal kleiner als die jährliche Wahrscheinlichkeit, von einem Blitz getroffen zu werden“, teilte die ESA mit.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Raumstation unkontrolliert abstürzt. Ein Beispiel: 1979 ging das 74 Tonnen schwere, von der Nasa betriebene Skylab früher als geplant, doch immerhin gesteuert, über dem Indischen Ozean und Australien nieder. Die dramatischste Folge dessen war ein von australischen Stellen verhängtes Bußgeld wegen unerlaubter Abfallentsorgung, das die Nasa jedoch nicht beglich.

Vorhersage von Absturzumständen wird wichtiger

Und auch heute gilt, so die ESA: „In der gesamten Geschichte der Raumfahrt gab es noch keinen einzigen bestätigten Fall, in dem ein Mensch von einem Teil Weltraumschrott verletzt oder getötet wurde.“ Doch aufgrund der großen Anzahl von Satelliten üben ESA und weitere Raumfahrtbehörden weltweit gemeinsam die Vorhersage von Absturzumständen. Durch bündeln der Daten sollen die Methoden verbessert werden.

Es sollen dadurch aber nicht nur Schäden durch Abstürze vermieden werden – durch unsere Abhängigkeit von der Raumfahrt in den Bereichen Wettervorhersage, Kommunikation und Positionsbestimmung, gilt es auch, Zusammenstöße im Orbit zu vermeiden. Europa strebt hierbei größere Unabhängigkeit von teils geheim gehaltenen Daten von anderen Staaten an.

Die Fraunhofer-Gesellschaft unterrichtet online über den Stand der Dinge: twitter.com/Fraunhofer_FHR.

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