Bonner Studie Promis sterben eher durch Medikamente als durch Drogen

Bonn · Eine Bonner Studie zeigt: Prominente sterben heutzutage öfter durch Medikamente als durch klassische Drogen. Häufig erliegen Celebritys dabei einer Überdosierung von Schmerzmitteln. Doch nicht nur Promis sind betroffen.

2016 war das Jahr der toten Promis. David Bowie, Carrie Fisher, Muhammad Ali und viele mehr – die Welt hat Größen verloren. Trösten mag der Gedanke, dass die Verstorbenen meist ein langes, erfülltes Leben gehabt haben. Umso tragischer ist es, wenn Menschen verfrüht aus dem Leben scheiden. So etwa der Sänger Prince, der ebenfalls im vergangenen Jahr im Alter von 57 Jahren starb. Die Todesursache: Überdosierung eines Schmerzmittels.

Eine Nachricht, die man heutzutage häufiger liest. Was sich für viele ohnehin schon so angefühlt hat, ist jetzt auch statistisch belegt: Die Zahl der wegen Drogenmissbrauchs gestorbenen Stars steigt. Meist richtet die tödliche Überdosis schon im Alter von 25 bis 40 Jahren ihren Schaden an.

„Prominente haben ein besonders hohes Risiko, allgemein verfrüht und insbesondere in Folge von Drogenmissbrauch zu sterben“, heißt es schon in der Einleitung der Studie „Drug-related celebrity deaths: A cross-sectional study“ von Dr. Johannes Just, Forscher am Bonner Uniklinikum.

Just hat die Todesursachen von Stars zwischen 1970 und 2015 untersucht und festgestellt: Heroin war gestern. Im 21. Jahrhundert sterben Prominente zunehmend durch Überdosen von Opioiden, also Schmerzmitteln, Antidepressiva oder Stimmungsaufhellern.

Das Rockstarleben hat seinen Preis

Diese Mittel unterdrücken nicht nur Schmerz, sondern auch negative Emotionen wie etwa Angst oder Lampenfieber. Ein möglicher Grund, wieso gerade Prominente den Stoffen verfallen. Denn das Rockstarleben hat seinen Preis: Ein Musiker wie Prince, der auch im Alter von 57 Jahren noch auf Welttournee geht und dabei mehrere Konzerte an einem einzigen Tag spielt, steht unter enormem Druck. „Das ist ein Job, bei dem es körperliche Schmerzen oder auch nur schlechte Laune nicht geben darf“, sagt Just.

So mancher wird dabei an seine Leistungsgrenzen geraten. Opioide versprechen da schnelle Abhilfe: Schmerzen und Müdigkeit verschwinden, die Laune bessert sich. Außerdem sind die Stoffe zumeist nicht illegal, sondern lediglich verschreibungspflichtig. Just sieht deshalb die Ärzte in der Verantwortung: „Stars brauchen gute Ärzte, und das sind nicht immer die, die dir das geben, was du möchtest.“

Hoch dosierte Schmerzmittel hätten in den Händen von Laien nichts zu suchen. Fentanyl etwa, das Mittel, das zum Tod von Prince führte, ist hundert Mal so stark wie Morphin. „Wer Stars solche Substanzen ohne medizinische Notwendigkeit aushändigt, sollte dafür verurteilt werden“, findet Just.

Zumal gerade Berühmtheiten eine Signalwirkung für die Bevölkerung entfalten. Hinsichtlich von Selbstmorden ist das sogar statistisch bewiesen: Wenn berühmte Vorbilder ihr Leben beenden, steigt auch insgesamt die Zahl der Suizide an. Hinsichtlich der Opioide könnte es einen ähnlichen Effekt geben. In den USA hat sich die Anzahl der Todesfälle wegen einer Überdosis Schmerzmittel im 21. Jahrhundert vervierfacht.

Dr. Just hatte schlimmere Daten erwartet

Gegensteuern ließe sich vor allem durch bessere Ausbildung der Mediziner, so Just. Es sei verständlich, dass Ärzte leidenden Patienten helfen wollten und ihnen deshalb auch starke Schmerzmittel verschrieben. Gerade im Rahmen von chronischen Erkrankungen oder Krebs sei eine Behandlung mit Opioiden auch absolut geboten.

Wo es möglich ist, müsse auf den Einsatz derart starker Medikamente aber verzichtet werden. Andernfalls bildeten sich Resistenzen, so dass der Patient immer höher und höher dosieren müsse, um die Wirkung noch zu spüren – und das kann lebensgefährlich werden.

Insgesamt ist Just vom Ergebnis der Studie aber positiv überrascht. Er hatte schlimmere Daten erwartet. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Studie nicht erfassen kann, wie viele Stars es insgesamt gab und gibt. Durch Aufkommen des Internets wird die Gesamtzahl der Berühmtheiten wohl deutlich gewachsen sein. Dass nach absoluten Zahlen in den letzten Jahren mehr Prominente durch Drogenmissbrauch gestorben sind, belegt deshalb keinen relativen Anstieg.

Schmerzmittel-Epidemie in den USA

Ein Grund mehr für Just, das Thema weiter zu erforschen. Als nächstes will er untersuchen, wie groß der Anteil der missbrauchsgefährdeten Langzeitnutzer von Opioiden in der deutschen Bevölkerung ist. Eine besonders bedrohliche Lage zeichnet sich hierzulande zwar nicht ab. Doch zeigt das Beispiel USA, was passieren kann, wenn man die Gefahr allzu unbedarft aus den Augen verliert.

Dort wird von einer regelrechten Schmerzmittel-Epidemie gesprochen, sogar US-Präsident Donald Trump hat bereits angekündigt, dagegen vorgehen zu wollen. Man dürfe das Thema nicht einfach ignorieren, meint Just. Das wäre ein erster Schritt in Richtung einer Situation wie in den USA.

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