Mehr Ernährungssicherheit für Afrika Deutsch-afrikanisches Expertennetzwerk in Bonn gegründet

BONN · Am Zentrum für Entwicklungsforschung in Bonn ist das erste deutsch-afrikanische Expertennetzwerk zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse gegründet worden. Es soll zentrale Probleme Afrikas in den Fokus nehmen.

 Eine Nigerianerin verarbeitet Maniok.

Eine Nigerianerin verarbeitet Maniok.

Foto: ZEF

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wird die Zahl der Menschen, die südlich der Sahara leben, weiter stark ansteigen und sich bis 2050 fast verdoppeln. Um ausreichend Lebensmittel produzieren zu können, müssten die Anbauflächen für Nutzpflanzen stark ausgeweitet und die Produktivität deutlich gesteigert werden. In einigen bereits stark besiedelten Regionen West- und Ostafrikas wie Ghana, Nigeria oder Äthiopien wird das jedoch kaum möglich sein.

Verschärft wird die Situation zusätzlich durch den steigenden Bedarf an Biomasse, die nicht der Ernährungssicherung dient: Palmöl als Treibstoff oder Soja als Tierfutter. Biomasse ist alles, was aus Pflanzen, Tieren und deren Ausscheidungen besteht und damit erneuerbar ist. Hier verbirgt sich ein Potenzial, das erst unzureichend genutzt wird, aber an Bedeutung gewinnt.

Für Professor Joachim von Braun, Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn, sind einige der globalen Entwicklungsziele gar nicht ohne Bioökonomie zu erreichen. Bio-basierte Innovationen etablieren sich heute in allen Branchen: in der Automobilindustrie, im Maschinen- und Anlagenbau, in der IT- und Modebranche sowie der Umwelttechnologie.

Kernstück ist ein Internetportal

Gemeinsam mit dem Forum für Agrarforschung in Afrika (Fara) hat das ZEF nun das erste deutsch-afrikanische Netzwerk zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse in Afrika gegründet. Rund 100 Experten aus Deutschland und Afrika trafen sich zum Start des Netzwerks in Bonn. Kernstück ist ein interaktives Internetportal, das sich an Nutzer aller Fachrichtungen wendet und das ab dem kommenden Jahr zu Fara nach Ghana migrieren wird.

Zu finden sind neben wissenschaftlichen Publikationen auch Erfahrungsberichte sowie Ansprechpartner. „Um eine Antwort auf die Frage zu finden, wie eine nachhaltige Landwirtschaft in Afrika gestaltet werden kann, wie Zielkonflikte aufgelöst werden können, müssen Wissenschaftler, Politiker, Unternehmen und Zivilgesellschaft an einen Tisch gebracht und ein Diskurs über das Thema angestoßen werden,“ erläutert Dr. Christine Schmitt, ZEF-Projektleiterin, die Idee zu dem Portal.

Wissenschaftler am ZEF arbeiten seit Jahren an Fragen zur Ernährungssicherung in Afrika. Wie lässt sich der Ertrag steigern und wie der Verlust der Ernte durch nachträglichen Verderb minimieren? Im Vordergrund stehen bisher die Nutzpflanzen Bambus, Mais und Maniok. Dabei geht es nicht um eine „Entweder-oder-Nutzung“, sondern um eine Doppelnutzung: Ungenießbare Maniokschalen können beispielsweise als Zuchtmedium für Pilze dienen, mit denen sich gute Preise erzielen lassen und die somit zur Einkommensverbesserung beitragen.

Drei Aspekte sind entscheidend

Das Gleiche gilt für die Weiterverarbeitung von Kochbananen zu Mehl oder von Maisabfällen zu Bio-Öl. Untersucht werden von den Experten auch sozioökonomische Fragestellungen, Chancen eines verbesserten Marktzugangs sowie der Erhalt der Biodiversität und der Einfluss auf die Umwelt. All diese Aspekte finden sich auch im Portal wieder.

Für Dr. Manfred Denich, Direktor des BiomassWeb-Projekts am ZEF, aus dem die Idee zur Gründung des Netzwerks hervorging, sind vor allem drei Aspekte entscheidend: So müsse es zu einer verbindlichen Landnutzungsplanung und damit gesicherten Eigentumsrechten kommen. Darüber hinaus sollten die Farmer besser ausgebildet und der Beruf des Landwirts für junge Menschen attraktiver gestaltet werden.

BiomassNet.org wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts BiomassWeb am ZEF in Zusammenarbeit mit dem Fara entwickelt. Neben afrikanischen Partnern sind die Universität Bonn mit dem ZEF, das Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik (ILR) und das Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) daran beteiligt.

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