Klima Chinas Beitrag zum Klimawandel unerwartet konstant

Peking · Einige Schadstoffe erwärmen die Erde, andere kühlen sie ab. Im Falle des größten CO2-Produzenten China gleichen sich einer Studie zufolge beide Faktoren fast aus - könnte das Klimaverhandlungen beeinflussen?

 Rauchende Schornsteine: Ein Großteil des chinesischen Energiebedarfs wird durch Kohlekraftwerke gedeckt.

Rauchende Schornsteine: Ein Großteil des chinesischen Energiebedarfs wird durch Kohlekraftwerke gedeckt.

Foto: Bei Feng/Archiv

Trotz eines dramatischen Anstiegs seiner Emissionen ist der Beitrag Chinas zum Klimawandel einer Studie zufolge mit durchschnittlich zehn Prozent überraschend konstant geblieben.

"Wir haben herausgefunden, dass China von 1750 bis 2010 - also von der vorindustriellen Zeit bis heute - mit acht bis zwölf Prozent zur Erderwärmung beigetragen hat", sagte einer der Autoren, Li Bengang von der Peking Universität, der Deutschen Presse-Agentur. "Wir fanden heraus, dass einige Emissionen die Atmosphäre wärmen, andere kühlen." So sei der chinesische Beitrag "relativ stabil" geblieben. Nicht an der Studie beteiligte Experten betrachten die Ergebnisse skeptisch.

Die in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichte Studie könnte Auswirkungen auf die Verhandlungen zum Klimaschutz haben. Nach Angaben der chinesischen und französischen Forscher ist es die erste Berechnung des chinesischen Beitrags zur Erderwärmung. China ist der größte Produzent von Kohlendioxid (CO2), pocht aber darauf, dass es als Schwellenland noch Nachholbedarf habe und die Industriestaaten schon historisch eine größere Verantwortung übernehmen müssten.

Das Wissen über Chinas Anteil sei wichtig, um den Grundsatz der "gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung" im Rahmen des UN-Klimaabkommens vom Dezember 2015 in Paris umzusetzen, heißt es in der Studie. "Wir wussten bisher nicht, welche Verantwortung China übernehmen muss", erklärte Li Bengang. Aber jetzt gebe es eine "objektive" Grundlage für die Klimaverhandlungen.

"Es ist tatsächlich zufällig, dass sich die kühlenden und wärmenden Auswirkungen verschiedener kurzlebiger atmosphärischer Klimakräfte, die China ausstößt, fast gegenseitig ausgleichen", heißt es in der Studie. So erhöhen etwa schwarze Rußpartikel die Erwärmung, während schwefel- oder nitrathaltige Schwebstoffe dafür sorgen, dass weniger Sonnenstrahlung auf der Erde ankommt und Abkühlung eintritt. Im Zuge der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung in den 1980er Jahren betreibt China zudem eine starke Aufforstung, die Kohlenstoffsenken geschaffen hat, in denen Wälder Kohlenstoff aufnehmen.

Der Studie zufolge könnte eine Verbesserung der Luft in Städten den Klimawandel verstärken. "Eine Verringerung der Emissionen von Schwefeldioxid würde die künftige Erderwärmung beschleunigen, solange sie nicht durch größere Reduzierungen des Strahlungsantriebs durch gemischte Treibhausgase und Rußpartikel ausgeglichen wird", schreiben die Autoren. So müsse sich der Umweltschutz besonders auf den Kampf gegen Treibhausgase konzentrieren. Der Strahlungsantrieb ist eine Art Maßeinheit für den Treibhauseffekt.

Die Autoren heben hervor, dass Chinas Anteil an den vom Menschen verursachten globalen Emissionen deutlich größer ist als der Beitrag zum Strahlungsantrieb mit zehn Prozent. Da gemischte Treibhausgase langlebig sind, trügen Europäer und US-Amerikaner aber bis heute immer noch stärker als China zur heutigen Erderwärmung bei, weil deren Emissionen viel früher angefangen hätten, heißt es weiter.

Dass einige Schadstoffe einen kühlenden Einfluss auf das Klima haben können, sei lange bekannt, kommentierte der nicht an der Studie beteiligte Forscher Dominick Spracklen von der britischen Universität Leeds. Dennoch sei das Ergebnis der Studie, die Biogeochemie und Klimaforschung koppele, "bemerkenswert". Der britische Forscher betonte, dass der Einfluss von Schadstoffen auf das Klima sehr komplex sei. Weitere Forschungen seien deshalb nötig.

"Die Studie ist eine Momentaufnahme, denn die gewählte Betrachtung der Strahlungsantriebe betrachtet immer nur die Auswirkungen zum jetzigen Zeitpunkt. Die Betrachtungsweise, die der Klimarahmenkonvention zugrunde liegt, ist eine andere, die die langfristigen Auswirkungen berücksichtigt", sagte Lutz Weischer von Umweltorganisation Germanwatch. Die Studie könne allenfalls kurzfristig Entwarnung geben. "Letztlich ist für den Beitrag Chinas zum Klimaschutz entscheidend, dass es gelingt, die CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas zu reduzieren."

"Unabhängig von den zukünftigen Treibhausgas-Emissionen wird der chinesische Einfluss auf die Erderwärmung steigen", sagte Johannes Gütschow vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Auch wegen des Smog-Problems in den Großstädten werde das Land durch bessere Filter oder Alternativen zu Kohlekraftwerken weniger kurzlebige Aerosole ausstoßen - die bisher zur Abkühlung beigetragen hatten.

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