Einheitspackung in Frankreich Zigarettenbranche in Europa unter Druck

BERLIN · Die Luft für die internationale Tabakindustrie wird immer enger: Auch Frankreich will nun im nächsten Jahr die Einheitsverpackung für Tabakprodukte einführen.

 In Australien schon Pflicht: Die Einheitspackung ohne Markenlogo. Das Schockbild "Rauchen schadet ungeborenen Babys" soll vom Konsum abhalten.

In Australien schon Pflicht: Die Einheitspackung ohne Markenlogo. Das Schockbild "Rauchen schadet ungeborenen Babys" soll vom Konsum abhalten.

Foto: dpa

Dies hat die französische Gesundheitsministerin mit einem Schreiben an die EU-Kommission, das unserer Zeitung vorliegt, vor wenigen Tagen angekündigt.

Die Einheitsverpackung ist für die Industrie die härteste denkbare Form der Regulierung, da bis auf einen kleinen Schriftzug dabei die Marke nicht mehr auftauchen darf. Packungen unterschiedlicher Hersteller sind dann so gut wie nicht mehr voneinander unterscheidbar. Derzeit Milliardenschwere Marken wie etwa Marlboro wären dann so gut wie nichts mehr wert.

In dem Schreiben der französischen Gesundheitsministerin an die EU-Kommission heißt es: Im Kampf gegen den Tabak müsse es auch darum gehen, Tabak gesellschaftlich unattraktiver zu machen. Mit der Einheitsverpackung verbinde sich die Hoffnung, dass die Industrie dann nicht mehr in der Lage sei, Zielgruppen, wie etwa Frauen und Heranwachsende, anzusprechen. 54 Studien, die in Frankreich und in anderen Ländern durchgeführt wurden, hätten ergeben, dass Warnhinweise und Schockerfotos auf neutralen Verpackungen von Konsumenten stärker zur Kenntnis genommen würden.

Die französische Regierung beruft sich bei ihrem Vorgehen auf die Tabakproduktrichtlinie, die die EU-Kommission 2014 verabschiedet hat und die bis Mai 2016 von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss. Die Richtlinie sieht die Einheitsverpackung zwar nicht bindend vor, erlaubt den Mitgliedsstaaten aber ausdrücklich, über die Richtlinie hinauszugehen und die Einheitspackung in der nationalen Umsetzung zur Pflicht zu machen. Bislang haben nur England und Irland Schritte unternommen, um von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. In Australien ist die Einheitsverpackung dagegen bereits Pflicht.

Wenn mit Frankreich nun eines der wirtschaftlich und politisch wichtigsten Länder Kontinentaleuropas auf die Einheitspackung einschwenkt, so die Einschätzung von Beobachtern, dürfte dies Folgen für den Rest der EU haben: Zum einen werden auch in anderen Ländern Tabakgegner lauter nach der Einheitspackung rufen und die Politik zum Handeln auffordern. Zum anderen könnte die EU-Kommission schon bald mit dem Argument, den Binnenmarkt zu harmonisieren, EU-weit die Einheitspackung vorschreiben.

Mit Spannung wird erwartet, wie die Bundesregierung auf die Ankündigung aus Paris reagiert. Als Großbritannien und Irland die Einheitspackung gegenüber der Kommission ankündigten, machte die Regierung Merkel nicht von ihrer Möglichkeit Gebrauch, gegenüber der Kommission Stellung zu nehmen. Mehrere EU-Mitgliedsländer machten dagegen ihren Protest deutlich. Die Tabakregulierung ist bei Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) angesiedelt, der gerade an einem Tabakgesetz zur Umsetzung der jüngsten Richtlinie arbeitet.

Die französischen Pläne haben bereits jetzt international Wellen geschlagen. Aus zwei Ländern, in denen der Tabakanbau wirtschaftlich eine hohe Bedeutung hat, ist Widerstand laut geworden sowie die Ankündigung, im Gegenzug einen Handelskrieg anzuzetteln. Indonesien ist weltweit der zweitgrößte Exporteur für Tabakprodukte, rund zwei Millionen Kleinbauern leben vom Tabakanbau. Die Regierung in Jakarta hat die EU-Kommission darauf hingewiesen, dass sie Gegenmaßnahmen ergreifen werde.

Französische Rotweine, irischer Whiskey, irisches dunkles Bier und andere Alkoholprodukte aus EU-Ländern, die einen hohen Markenwert hätten, würden dann im Gegenzug ebenfalls auf dem indonesischen Markt zur Einheitspackung verpflichtet.

Der Gouverneur des US-Staates North Carolina, Pat McCrory, argumentiert ähnlich. An die Adresse der Regierungen von Frankreich und Irland stellte er im Oktober vergangenen Jahres jeweils eine rhetorische Frage: Würde "Guinness" als Marke erkennbar sein, wenn es künftig nur noch unter dem Etikett Bier verkauft werden dürfte? Würde Champagner sich wohl künftig immer noch so erfolgreich verkaufen lassen, wenn die dazugehörige Flasche nicht mehr ihre charakteristischen Kurven haben darf?

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