Großaktionäre nehmen Einfluss Wie Investoren NRW-Konzerne jagen

Essen · Aktivistische Großaktionäre mischen immer wieder einzelne Unternehmen auf. Thyssenkrupp und Eon gehören zu diesen Fällen. Bei der Umsetzung ihrer Pläne kennen diese Aktionäre kein Pardon.

 07.06.2018, Nordrhein-Westfalen, Essen: Das Logo an der Fassade der Zentrale des Energiekonzerns eon wird gereinigt.

07.06.2018, Nordrhein-Westfalen, Essen: Das Logo an der Fassade der Zentrale des Energiekonzerns eon wird gereinigt.

Foto: picture alliance/dpa

Die Krupp-Stiftung – das war einmal die mächtigste Institution der Ruhrwirtschaft. Nach dem Tod von Alfried Kupp 1967 übernahm sie alle Anteile des Krupp-Konzerns. An Stiftungs-Chef Berthold Beitz vorbei machte keiner Politik bei Krupp und in der deutschen Stahlindustrie. Das ist lange her. In den 1970er Jahren, als das Geld knapp wurde, nahm Krupp den Iran als Großaktionär auf, 1999 folgte die Fusion mit Thyssen. Inzwischen ist der Anteil der Krupp-Stiftung auf 21 Prozent gesunken. Sie ist noch immer größter Eigentümer. Doch das Sagen haben auch andere. Der schwedische Investor Cevian zum Beispiel. Er hält 18 Prozent an Thyssenkrupp und hat ganz andere Pläne als die bisherigen Chefs von Vorstand und Aufsichtsrat. Doch Heinrich Hiesinger und Ulrich Lehner sind nun weg.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Schweden Manager aus dem Amt treiben. Auch beim (Mannheimer) Baukonzern Bilfinger sind sie eingestiegen: Aufsichtsrats-, Vorstandschef und Finanzvorstand mussten gehen. Bis heute treibt der Investor, der in Schweden laut der „Zeit“ den Beinamen „Schlachter“ hat, das Bauunternehmen vor sich her – auch weil der erhoffte Kurssprung ausbleibt und Cevian keine Kasse machen kann.

Denn das ist das Rezept: Cevian steigt bei Mischkonzernen ein, bei denen er erwartet, dass die einzelnen Sparten mehr wert sind als das Ganze. Der Investor erringt einen Sitz im Aufsichtsrat. Gelingt es, eine Zerschlagung durchzusetzen, steigt der Kurs, Cevian kann aussteigen und Kasse machen.

Den Plan hat Gründungspartner Lars Förberg wohl auch in Essen: „Thyssenkrupp ist mit der Strategie des Konglomerats gescheitert. Jetzt muss für jede der Sparten konsequent geprüft werden, welche Struktur am besten geeignet ist“, hatte er unlängst gesagt. „Wenn die richtigen Entscheidungen getroffen werden, könnte Thyssenkrupp mit einem Wert von 50 Euro je Aktie und nicht wie zur Zeit um die 21 Euro bewertet werden.“ Was mit Arbeitsplätzen geschieht, ist Förberg egal: „Maßgabe muss die industrielle Logik sein – und nicht Tabus, geschichtliche Entwicklung, Emotionen oder persönliche Ambitionen.“

Man dürfe aktivistische Fonds nicht verdammen

Cevian ist kein Einzelfall. Auch andere aktivistische Investoren mischen die deutsche Wirtschaft auf. So der US-Hedgefonds Elliott, hinter dem Paul Singer steht. Er steigt, auch gerne mit kleineren Aktienpaketen, bei Unternehmen ein und setzt das Management mit massiver Kritik unter Druck. Das muss auch der Düsseldorfer Energieversorger Uniper erleben, an dem Elliott über sieben Prozent hält. Auf der Hauptversammlung wollte Elliott durchsetzen lassen, dass sich ein Sonderprüfer den Uniper-Vorstand um Klaus Schäfer vorknöpft. Elliotts Vorwurf: Der Vorstand hätte sich in der Übernahmeschlacht mit Fortum nicht korrekt verhalten. Nach hitziger Debatte wurde der Antrag vertagt, aus dem Schneider ist Uniper noch nicht.

Auch beim Industriekonzern Gea, in dem die frühere Metallgesellschaft aufgegangen ist und der seinen Sitz in Düsseldorf hat, kehrt Elliott mit eisernem Besen. Hier erzwang der Fonds den Rauswurf des Finanzchefs, setzt den Aufsichtsratschef unter Druck und fordert ein Aktienrückkaufprogramm, das den Kurs treibt. Paul Singer hat einst Argentinien mit in die Staatspleite getrieben.

Dem Eon-Konzern in Essen setzte lange der US-Investor Knight Vinke zu. Er forderte, dass Eon-Chef Johannes Teyssen das Netzgeschäft versilbert oder wahlweise alles andere verkauft. Auch so sollte der Konglomerats-Abschlag beim Kurs beseitigt werden. Böse Briefe wurden geschrieben und öffentlich gemacht. Erst als Teyssen mit RWE den Super-Deal um Innogy einfädelte, erledigte sich die Kritik. Tatsächlich schrumpft Eon nun zum Netz- und Vertriebskonzern.

Man dürfe die aktivistischen Fonds nicht verdammen, sagen deutsche Fondsmanager. Oft stellten sie die richtigen Fragen und legten den Finger in die Wunden der Unternehmen. Doch bei der Umsetzung ihrer Pläne kennen sie kein Pardon. Das liegt auch daran, dass sie ihren Einstieg mit Schulden finanzieren – und die Kredite müssen irgendwann zurückgezahlt werden. Nur so schaffen sie auch die hohen Renditen. Der studierte Psychologe Singer soll mit seinem Fonds Elliott seit den 1970er Jahren zweistellige Renditen gemacht haben. Für manche ist er ein Held, für andere ein Geier. Jede Belegschaft ist froh, wenn solche Investoren weiterziehen.

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