Schreckensszenario für die Autoindustrie 400.000 Arbeitsplätze könnten verloren gehen

Frankfurt · Der Wandel in der Autoindustrie könnte allein in Deutschland bis zu 400.000 Arbeitsplätze kosten. Experten fordern deshalb politische Maßnahmen, um es nicht so weit kommen zu lassen.

 Automatisiert: Schweißroboter arbeiten in der Karosseriefertigung vom VW Tiguan im Volkswagen Werk an der Bodengruppe des Modells.

Automatisiert: Schweißroboter arbeiten in der Karosseriefertigung vom VW Tiguan im Volkswagen Werk an der Bodengruppe des Modells.

Foto: dpa/Rainer Jensen

Der Wandel der Autoindustrie wird im Extremfall viele Arbeitsplätze kosten. Das ist das Ergebnis der Studie eines Beratungsgremiums der Bundesregierung. Gefragt seien deswegen politische Maßnahmen, um den Prozess zu begleiten und Beschäftigte für den Wandel zu qualifizieren.

Die Studie der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität rechnet im Extremfall mit bis zu 410.000 Arbeitsplätzen, die durch den Umbruch in der Automobilindustrie wegfallen könnten. Den Rückgang der Arbeitsplätze führt das Beratungsgremium der Bundesregierung auf zwei Faktoren zurück: Zum einen werden für Elektroantriebe viel weniger Teile gebraucht und produziert als für herkömmliche Verbrennungsmotoren. So besteht ein Verbrennungsmotor aus mindestens 1200 Teilen, beim Elektroantrieb sind es nur rund 200. Zum anderen steigt aber auch die Automatisierung in der Autobranche.

Allein im Bereich der Produktion von Motoren und Getrieben rechnet die betreffende Arbeitsgruppe des Gremiums mit einem Wegfall von 88.000 Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2030. Für ihren Beschäftigungsausblick stützen sich die Autoren auf Studien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Fraunhofer-Instituts Arbeitswissenschaft und Organisation aus dem Jahr 2018. Um CO2-Ziele einzuhalten, sollen demnach bis 2030 sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge auf Straßen und Autobahnen rollen. Zum Vergleich: Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes lag die Zahl der zugelassenen Elektroautos Ende 2019 bei rund 83.000.

Die Zahl von über 400.000 gefährdeten Arbeitsplätzen basiert auf der „pessimistischen“ Annahme, dass viele Teile der künftigen Autos im Ausland produziert werden und nach Deutschland importiert werden müssen. Viele Experten gehen davon aus, dass dies nicht in diesem Ausmaß der Fall sein wird. „Es ist sicher, dass Arbeitsplätze wegfallen werden“, sagt Branchenanalyst Jürgen Pieper aus dem Bankhaus Metzler. „Ich selber rechne aber mit Zahlen, die vielleicht halb so hoch sind. Aber diese Prozesse werden sicherlich auch sehr weh tun“. Beobachter wie Pieper nehmen an, dass an anderer Stelle neue Arbeitsplätze entstehen werden, etwa in der Batterieproduktion.

Es würden in Zukunft zunehmend Elektroautos in Deutschland produziert. So hat beispielsweise auch der amerikanische Autopionier Tesla angekündigt, ein großes Werk in der Nähe von Berlin bauen zu wollen. Auch deswegen hält der Deutsche Automobilverband VDA die Rechnung der Plattform für Mobilität für überzogen pessimistisch. Wichtiger als über Extremszenarien zu diskutieren sei es, den anstehenden Wandel zu gestalten. „Wie können Arbeitgeberseite, Arbeitnehmerseite und Behörden zusammenwirken, um gemeinsam die Herausforderung, vor der wir alle stehen, gestalten zu können“, fragte etwa der VDA-Geschäftsführer Kurt-Christian Scheel.

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