Steuernachzahlung in Deutschland Von Niedrigzins keine Spur

Berlin · Die Finanzämter verlangen bei Steuernachforderungen sechs Prozent pro Jahr. Die CDU will den Satz jetzt an die aktuellen Verhältnisse anpassen.

 Das Bundesfinanzministerium lehnt eine Zinssenkung bei Steuernachforderungen ab. Eine regelmäßige Anpassung sei zu kompliziert.

Das Bundesfinanzministerium lehnt eine Zinssenkung bei Steuernachforderungen ab. Eine regelmäßige Anpassung sei zu kompliziert.

Foto: picture alliance / Klaus-Dietmar

Wirtschafts- und Finanzpolitikern der Unions-Bundestagsfraktion sind die hohen Zinsen für Steueransprüche ein Dorn im Auge. Sie verlangen eine deutliche Senkung. Anlass für den Vorstoß ist, dass die Finanzämter trotz der Niedrigzinsphase bei Steuernachforderungen sechs Prozent Zinsen pro Jahr in Rechnung stellen. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass Steuerpflichtige so hohe Zinsen zahlen sollen, sie selbst für ihre Geldanlage aber nichts mehr bekommen“, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach dieser Zeitung. Dies verärgere Bürger und mittelständische Unternehmen. Betriebe müssen mit Steuernachforderungen nach einer Betriebsprüfung rechnen. Dass so hohe Zinsen in Rechnung gestellt werden, sei nicht zeitgemäß, findet auch der CDU-Abgeordnete Christian von Stetten, der Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand ist. „Wir wollen das notfalls auch streitig umsetzen“, sagte er.

Die Wirtschafts- und Finanzpolitiker der Unionsfraktion wollen im neuen Jahr einen Vorstoß machen, um eine Änderung zu erreichen. Ziel ist es, den Zinssatz auf drei Prozent jährlich zu halbieren. Das Bundesfinanzministerium lehnt eine Zinssenkung jedoch ab. Der Zinssatz sei kein Marktzins und sei seit über 50 Jahren unverändert, argumentiert das Ressort. Eine regelmäßige Anpassung des Zinses an die jeweilige Marktlage würde in der Finanzverwaltung zu Schwierigkeiten führen. Bei einer Steuernachforderung müsste dann festgestellt werden, welcher Zinssatz im jeweiligen Veranlagungsjahr galt.

Auch die Bundesländer und die kommunalen Spitzenverbände sind gegen eine Zinssenkung, da ihnen in diesem Fall Steuereinnahmen entgehen würden. Nach den Zahlen des Bundesfinanzministeriums vereinnahmte die Finanzverwaltung im Jahr 2014 rund 1,2 Milliarden Euro aus Zinsen. Im Jahr 2015 waren es knapp 750 Millionen Euro. Der Löwenanteil entfällt auf Steuernachforderungen bei der Lohn- und Einkommensteuer. An zweiter Stelle stehen die Nachforderungen zur Körperschaftsteuer, gefolgt von der Umsatzsteuer.

Der Staat profitiert vom hohen Zins, weil die Nachforderungen höher sind als die Erstattungen. Auch in den Fällen, in denen Steuern erstattet werden, vergütet die Finanzverwaltung einen Zinssatz von sechs Prozent.

Allerdings gilt sowohl für Nachforderungen als auch für Erstattungen, dass erst nach einer Karenzzeit von 15 Monaten Zinsen fällig werden. Der Bürger, der nach der Abgabe seiner Steuererklärung Geld vom Fiskus zurückbekommt, erhält somit in der Regel keine Zinsen.

Im Einzelfall können die hohen Zinsen für die staatlichen Ebenen selbst zum Problem werden. Das gilt beispielsweise für Städte und Gemeinden, die nach Rechtsstreitigkeiten mit Unternehmen die Gewerbesteuer für mehrere Jahre samt Zinsen zurückzahlen müssen. Welche Folgen das haben kann, zeigt sich in der baden-württembergischen Kleinstadt Künzelsau. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes erhoben eine Reihe von Kommunen in der Vergangenheit zu Unrecht Gewerbesteuern auf bestimmte Erträge, die im Ausland anfielen.

Künzelsau ist von dieser Entscheidung betroffen und muss Gewerbesteuern in zweistelliger Millionenhöhe an den Werkzeughändler Würth in Künzelsau zurückzahlen. Weder Unternehmen noch Stadt geben die genaue Höhe bekannt. Da der Rechtsstreit noch nicht abschließend geklärt ist, muss die Stadt damit rechnen, dass jährlich zusätzlich rund eine Million Euro an Zinsen anfallen. Der mehrjährige Rechtsstreit, den das Land Baden-Württemberg in der Sache führt, zwingt die Kommune zu einem scharfen Sparkurs.

Eckhard Angelmaier, Kämmerer der Stadt Künzelsau, kann sich wegen des Steuergeheimnisses nicht zum konkreten Fall äußern. Dass die hohen Zinsen für die Kommunen auch ein Problem sein können, bestätigte er. „Da liegt Freud und Leid nah beieinander“, sagte er.

Die staatlichen Ebenen, die Nachzahlungen von Unternehmen erwarten, könnten sich freuen. Im Künzelsauer Fall sieht es anders aus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort