Nach Investor gesucht US-Wohnmobilriese Thor übernimmt deutsche Hymer-Gruppe

Bad Waldsee · Nach monatelanger Suche hat die Hymer-Familie einen Käufer für ihr Wohnmobil- und Campingwagen-Imperium gefunden. Die Unternehmensgruppe geht an den US-Konkurrenten Thor. Das Ende von bekannten Marken wie Dethleffs oder Bürstner soll das aber nicht sein.

 Ein Vorarbeiter kontrolliert beim Reisemobilhersteller Hymer ein halbfertiges Reisemobil.

Ein Vorarbeiter kontrolliert beim Reisemobilhersteller Hymer ein halbfertiges Reisemobil.

Foto: Felix Kästle

Der US-Wohnmobilriese Thor übernimmt die komplette deutsche Hymer-Gruppe. Durch den Zusammenschluss entstehe der weltweit größte Hersteller von Freizeitfahrzeugen, teilten beide Unternehmen mit.

Thor zahlt rund 2,1 Milliarden Euro für die Erwin Hymer Group, zu der neben Hymer selbst noch 23 weitere Marken wie Bürstner oder Dethleffs gehören. Die Kartellbehörden müssen der Transaktion noch zustimmen. Hymer-Chef Martin Brandt geht aber davon aus, dass das bis Ende des Jahres erfolgen wird.

Die Gruppe, bisher vollständig in Familienbesitz, hatte seit längerem nach einem Investor gesucht - und auch einen Börsengang ins Auge gefasst, um ihre weltweiten Expansionspläne in die Tat umsetzen zu können. Zunächst sollte nur eine Minderheit der Anteile verkauft werden, dann möglicherweise auch eine Mehrheit - nun übernimmt Thor Industries 100 Prozent. "Mit Thor bekommen wir einen Eigentümer, der unsere Branche aus dem Effeff kennt", sagte Brandt.

Zusammen stehen Thor und die Hymer-Gruppe künftig für 42 Campingwagen- und Wohnmobilmarken mit zusammen mehr als 25.000 Mitarbeitern. Beide Gruppen machen gemeinsam fast zehn Milliarden US-Dollar (gut 8,5 Milliarden Euro) Umsatz - Thor allerdings fast dreimal so viel wie die Hymer-Gruppe. Zu dem US-Unternehmen gehört unter anderem die Marke Airstream.

Brandt sagte, hinter der Entscheidung für Thor stehe eine "starke industrielle Logik". Er verwies auf Synergie- und Größeneffekte. Thor macht seinen Umsatz ausschließlich auf dem nordamerikanischen Markt, der für Hymer wiederum mit einem Anteil von lediglich sechs Prozent bislang eher eine Nische war. Die Gruppe aus Bad Waldsee hingegen ist in ganz Europa vertreten und plant zudem die Expansion nach China, wo kürzlich ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem einheimischen Partner gegründet wurde.

Hymer werde Teil von Thor und damit zum Standbein der Amerikaner in Europa, wo sie bisher nicht vertreten seien, hieß es. Die Gruppe und alle ihre Marken sollen aber erhalten bleiben. "Thor wird als Marke nicht auftauchen", sagte Brandt. Auch die Standorte und die Arbeitsplätze seien nicht in Gefahr, versprach er.

Brandt selbst bleibt Vorstandsvorsitzender der Hymer-Gruppe und soll wie bisher die Geschäfte führen. Das letzte Wort hat künftig anstelle der Familie aber Thor-Chef Robert Martin am Sitz in Elkhart im US-Bundesstaat Indiana. Einen Teil des Kaufpreises begleicht Thor mit eigenen Aktien - rund 2,3 Millionen Stück. Nach Angaben von Brandt sind das etwa vier Prozent der Thor-Anteile. Die Familie Hymer werde dadurch zu einem der größten Aktionäre des US-Konzerns.

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