Fünf-Punkte-Plan So will die Bundesregierung Plastikmüll vermeiden

Berlin · Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat Pläne zur Vermeidung von Verpackungen vorgelegt. Sie verspricht eine Trendwende, doch Umweltschützer üben Kritik.

Die größte Müllhalde der Welt liegt irgendwo zwischen Hawaii und Kalifornien. Im Nordpazifik sammelt sich seit Jahren eine gigantische Menge Plastikmüll an. Mit 1,6 Millionen Quadratkilometern ist diese Deponie im Meer viermal so groß wie die Bundesrepublik. Sie ist eine Auswirkung des Konsums von Einwegprodukten und eine Folge schlechter Müllverwertung. Doch wer meint, in Deutschland sei das kein Problem, irrt: 2016 verbrauchten die Bundesbürger mit mehr als 220 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf deutlich mehr Plastik als im EU-weiten Durchschnitt.

Um das zu ändern, hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt. „Mit diesen Maßnahmen leiten wir eine Trendwende im Umgang mit Plastik ein“, sagte Schulze in Berlin. Es werde zu viel Plastik produziert. „Und auch, wenn wir das gar nicht wollen, exportieren wir diese Konsummuster in die Schwellen- und Entwicklungsländer, mit gravierenden Folgen für die Meeresumwelt“, so die Ministerin.

Ihr Plan unterstützt etwa das EU-Verbot von bestimmten Einweg-Plastikartikeln wie Plastikgeschirr. Zudem soll der Handel sich selbst verpflichten, überflüssige Verpackungen von Obst und Gemüse einzudämmen. Schulze will auch mit einer Kampagne dafür werben, Leitungswasser als Trinkwasser zu nutzen statt PET-Einwegflaschen zu kaufen. Schulze will, dass in allen Städten an öffentlichen Orten Leitungswasser zur Verfügung steht. „Trinkwasser aus dem Wasserhahn, das ist nahezu überall verfügbar und die Qualität wird flächendeckend von den Wasserwerken überwacht“, sagte sie. Außerdem sollen Produkte künftig leichter zu reparieren und zu recyceln sein. Auf EU-Ebene will Schulze erreichen, dass Hersteller eine Lebensdauer ihres Produkts garantieren müssen, damit Kunden sich für Langlebigkeit entscheiden können.

Online-Handel hat erheblichen Anteil

Auch die Recyclingquoten für Kunststoffverpackungen sollen steigen, von derzeit 36 Prozent auf zunächst 58,5 Prozent. Ab dem 1. Januar 2022 steigen sie wie im Verpackungsgesetz beschlossen auf 63 Prozent. Und auf internationaler Ebene will Schulze jene Staaten, aus denen viel Müll in die Meere gelangt, mit Wissen und Technik für mehr Recycling unterstützen. Für zehn Jahre stehen insgesamt 50 Millionen Euro zur Verfügung. Umweltverbände nennen das gemessen an den Problemen einen irrwitzig geringen Betrag. Sie werfen Schulze vor, kaum frische Ideen zu bringen. Die Recyclingquoten etwa seien längst beschlossen.

Einen viel größeren Effekt versprechen sich Umweltexperten von einem Umdenken der Verbraucher. Doch wie lässt sich im Alltag Verpackungsmüll wirklich vermeiden? Bei Greenpeace heißt es, man solle gleichwertige Produkte nach der Verpackungsart wählen. Glühbirnen in einem Karton etwa seien viel umweltschonender als jene in Plastikpackungen. Der BUND empfiehlt, bei Nudeln, Müsli und anderen haltbaren Lebensmitteln große Packungen einzukaufen. Obst und Gemüse vom Markt müssten nicht in dünnen Tütchen zur Kasse transportiert werden. Die Umweltschützer verlangen von Schulze, den Handel und die Gastronomie dazu zu bringen, Lösungen für den Umgang mit Hygienevorschriften zu finden. So müsse es generell möglich sein, sich an der Fleisch- oder Käsetheke den Einkauf in mitgebrachte Gefäße abfüllen zu lassen, hieß es. Gleiches gelte für das Mittagessen aus dem Imbiss fürs Büro.

Doch auch der Online-Handel hat einen erheblichen Anteil am Verpackungsmüll in Deutschland. Greenpeace ruft Konsumenten dazu auf, Retouren nicht von vornherein mit einzuplanen – nicht nur wegen der oftmals in Plastik verpackten Produkte. Viele zurückgegebene Waren wie Kleidung würden von den Unternehmen einfach vernichtet, weil es sich für die Hersteller oder Händler nicht lohne, die Produkte zu reinigen und neu zu verpacken.

Auch dem Bundesverband der Entsorgungswirtschaft (BDE) gehen die Pläne nicht weit genug. Eine „Verpflichtung zu Mindestmengen von Rezyklaten in neuen Produkten“ könnten einen „echten Markt“ für das wiederverwertete Material schaffen, sagte BDE-Präsident Peter Kurth. Von den Stadtwerken kam Lob zum Leitungswasser-Vorstoß: Es brauche „keinen Vergleich zu scheuen, nur weil kein Etikett draufklebt“, sagte ein Spreche des Bundesverbands Kommunaler Unternehmen.

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