Rückblick auf ein Krisenjahr So lief es bei der Deutschen Bahn im Jahr 2018

Berlin · Die Deutsche Bahn hat am Donnerstag zurück auf das Geschäftsjahr 2018 geblickt. Es war ein Rückblick auf ein Krisenjahr. Was die Pünktlichkeit betrifft, will sie für 2019 nicht zu viel versprechen.

 Regionaler Fernverkehrsbahnhof: ICE-Haltepunkt Siegburg/Bonn.

Regionaler Fernverkehrsbahnhof: ICE-Haltepunkt Siegburg/Bonn.

Foto: Holger Arndt

Für Richard Lutz ist es kein angenehmer Termin an diesem Donnerstag. In Berlin muss er die Bilanz für das Geschäftsjahr 2018 vorstellen. Sein zweites Jahr an der Spitze des Staatskonzerns war ein Krisenjahr. Wieder einmal. Die Bahn ist so unpünktlich wie lange nicht, die Fahrgäste klagen über überfüllte Züge, der Gewinn ist eingebrochen, die Geldnot groß. Und dennoch: Nie zuvor setzten so viele Menschen auf die Bahn als Fortbewegungsmittel. Mit insgesamt 148 Millionen Kunden im Fernverkehr verzeichnete das Unternehmen einen Fahrgastrekord.

Bei der mehr als 90-minütigen Pressekonferenz gibt Lutz sich Mühe, freundlich und ohne Scheu vor unbequemen Botschaften durch die Bilanz zu führen.

Hier ein Überblick der Ergebnisse:

Pünktlichkeit: Nur 74,9 Prozent der Fernzüge waren 2018 pünktlich, hatten also weniger als sechs Minuten Verspätung – ausgefallene Züge werden nicht eingerechnet. Im Vorjahr waren es noch 78,5 Prozent. Für 2019 hat die Bahn eine Zielmarke von bescheidenen 76,5 Prozent gesteckt. Bessere Werte traut sie sich angesichts knapper Kapazitäten und immer mehr Baustellen vorerst nicht zu. „Die Staueffekte nehmen aktuell sogar noch zu“, sagt Lutz. Denn die Beseitigung von Engpässen im Netz „passiert leider nicht über Nacht“, so der Bahn-Chef. Künftig wird der Konzern zusätzlich messen, ob die Fahrgäste verspätet ankommen. Konkret soll ermittelt werden, ob die Reisenden mit mehr oder weniger als einer Viertelstunde Verspätung den Zielbahnhof erreichen. Dabei werden auch Zugausfälle berücksichtigt.

Züge: Zwar sind die Züge der Bahn im Durchschnitt nur zu 56 Prozent ausgelastet, dennoch kommen sie besonders zu beliebten Reisezeiten wie morgens und abends oder am Wochenende an ihre Kapazitätsgrenzen. Hinzu kommt, dass viele Fernverkehrszüge älter als 30 Jahre sind. Der spanische Hersteller Talgo soll nun bis zu 100 Züge liefern. Die ersten 23 Fahrzeuge sollen bis 2023 aufs Gleis kommen, wie es im Bilanzbericht heißt.

Kritiker bemängeln, dass die Flotte dann nicht mehr zueinander passe und Instandsetzungen teurer werden könnten. Bahn-Vorstand Berthold Huber, der wegen der schlechten Entwicklungen in seinem Zuständigkeitsbereich unter Druck steht, sieht in den Fahrzeugen hingegen sinnvolle Ergänzungen. „Mehr Kapazität ist der Schlüssel für eine pünktlichere und attraktivere Bahn“, sagt Vorstandschef Lutz. Das Ziel: 200 Millionen Fahrgäste in 2030. Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag aber eigentlich eine Verdopplung der Kundenzahlen ausgegeben, also mit 280 bis 300 Millionen gerechnet.

Zu wenig Gleise: Die Bahn muss massiv in die Infrastruktur investieren. Lutz spricht von vier Engpässen im Netz, die 2018 für 40 Prozent der Staus auf der Schiene verantwortlich waren. Um solche Nadelöhre zu beseitigen, soll künftig schneller und besser umdisponiert werden. Baustellen will die Bahn stärker aufeinander abstimmen. 2018 sind 150 Millionen Euro in diese kurzfristigen Maßnahmen geflossen. Insgesamt hat die Bahn ihre Brutto-Investitionen mit dem Bund um sieben Prozent auf elf Milliarden Euro erhöht. Für 2019 sind Investitionen in Höhe von zwölf Milliarden Euro geplant – ein Rekordwert. Derzeit verhandelt Lutz mit dem Bund um mehr Geld.

Finanzen: Finanzvorstand Alexander Doll hat ein Problem: Er muss in diesem Jahr 650 Millionen Euro Dividende an den Eigentümer Bund ausschütten, hat aber nur einen Nettogewinn von 542 Millionen Euro verbuchen können. Die Bahn hat ihre Schulden wegen der Investitionen erhöht, auf knapp unter 20 Milliarden Euro – wobei diese Marke Ende 2019 wohl auch noch gerissen wird. Die Zinszahlungen drücken auf den Gewinn, zudem belastet die Bahn wie viele andere Konzerne die Niedrigzinsphase bei den Rückstellungen für Pensionen: Mehr als 800 Millionen Euro müssen mehr zurückgestellt werden, da die bisher kalkulierten Sätze für die Verzinsung zu hoch angesetzt werden. Immerhin: Die Dividende fließe zurück in die Infrastruktur, sagte Finanzvorstand Doll. Auch 2019 sollen mehr als 20.000 Mitarbeiter eingestellt werden.

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