Hauptversammung bei Siemens Siemens-Chef stellt sich gegen Trump

München · Vorstandschef Joe Kaeser sonnt sich im Lob seiner Aktionäre. Der neue US-Präsident lässt aber nun düstere Wolken aufziehen.

 Im Siemens-Generatorenwerk in Erfurt: Eine Mitarbeiterin begutachtet einen Generatorständer.

Im Siemens-Generatorenwerk in Erfurt: Eine Mitarbeiterin begutachtet einen Generatorständer.

Foto: picture alliance / Martin Schutt

Es hätte eine entspannte Hauptversammlung werden können für Siemens-Chef Joe Kaeser. Die Aktionäre sind voll des Lobes und die Geschäfte laufen so gut, dass Siemens sogar die Gewinnprognose für das Geschäftsjahr 2016/17 (zum 30. September) von knapp sechs auf rund 6,2 Milliarden Euro nach Steuern anheben kann. Kräftig in die Suppe der Erfolgsmeldungen gespuckt hat nun aber US-Präsident Donald Trump mit seinem Protektionismuskurs und dem Einreisebann für Muslime verschiedener Nationalitäten. Kaeser machte für seine Verhältnisse ungewohnt deutlich, was er vom neuen Ton aus dem Weißen Haus hält. „Wir werden für unsere Mitarbeiter einstehen ungeachtet Geschlecht, Rasse oder Religion, immer und überall – auch in den USA“, betonte der Siemens-Boss.

Von den in der Münchner Olympiahalle versammelten Eignern erhielt er starken Beifall, lauter noch als beim Verkünden geschäftlicher Erfolge. Siemens ist auch in den USA nicht irgendwer. Der Technologiekonzern setzt dort jährlich 17 Milliarden Euro um, gut ein Fünftel der Gesamterlöse. Siemens betreibt in den USA 60 Fabriken und beschäftigt 60 000 Mitarbeiter. Diese Produktion macht die Münchner in den USA zum Nettoexporteur. Sie haben in den Staaten in den vergangenen beiden Jahren zwei Milliarden Dollar Steuern gezahlt und dort binnen zehn Jahren 30 Milliarden Dollar investiert. Umso schwerer wiegen die Worte des sonst politisch sehr zurückhaltenden Kaeser.

„Wir Deutsche sind sehr empfindlich, wenn es darum geht, Mauern zu bauen und Rassen auszugrenzen“, betonte der Obersiemensianer nun. Populismus, Nationalismus und Protektionismus seien zu neuen Gefahrenquellen geworden für Unternehmen und Gesellschaften. „Auch der Klimawandel existiert, ob man das nun für eine chinesische Erfindung hält oder nicht“, stellte Kaeser klar. Wenn Unwahrheiten von Trump & Co alternative Fakten genannt werden, sorgt sich auch Kaeser, schon weil das Planung schwierig macht.

Auch Siemens-Aktionären schwant aus den USA nichts Gutes. „Ich fürchte, dass Siemens gegenüber General Electric benachteiligt wird“, brachte es ein Fondsmanager auf den Punkt. Dass der US-Erzrivale GE bei künftigen US-Staatsaufträgen bevorzugt wird, ist nur eine Möglichkeit, um Exportriesen wie Siemens dort auszubremsen. Von Trump angekündigte US-Importzölle wären eine andere. Zudem könnte der US-Präsident auf US-Konzerne einwirken, sich künftig verstärkt von GE und anderen US-Wettbewerbern der Münchner alternativ Technologie zuliefern zu lassen.

Aktuell laufen die Geschäfte vielversprechend und das nicht nur in den USA sondern auch in China und Europa. Weltweit ist der Gewinn nach Steuern im Auftaktquartal des Geschäftsjahrs 2016/17 um ein Viertel auf 1,9 Milliarden Euro geklettert. Der Auftragseingang ist zwar parallel um satte 14 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro rückläufig. Der Vergleich zum Vorjahr hinkt aber, weil Siemens vor Jahresfrist einen Jahrhundertauftrag aus Ägypten mit mehreren Milliarden Euro Volumen verbuchen konnte.

Insgesamt sitzen die Münchner auf einem Auftragsberg von 115 Milliarden Euro, was für das aktuelle Geschäftsjahr zuversichtlich stimmt. Den Konzernumsatz haben die Münchner zwischen Oktober und Dezember 2016 um währungsbereinigt drei Prozent auf gut 19 Milliarden Euro verbessert. Siemens punktet derzeit vor allem mit seiner Geschäftsdivision Digitale Fabrik, die der Industrie 4.0 zuliefert sowie der vor ihrem Börsengang stehenden Medizintechnik. Im Kraftwerksgeschäft ist die Wende geschafft und der Konzern nähert sich dort wieder einstiger Stärke an. Einziges Sorgenkind ist das Geschäft mit Prozessautomatisierung und Antrieben.

Lange hat sich Siemens mit der Nachfolge von Gerhard Cromme als Aufsichtsratschef Zeit gelassen. Jetzt ist klar, dass der 73-jährige in einem Jahr durch den ehemaligen SAP-Chef Jim Hagemann Snabe ersetzt wird. Das hat das Aufsichtsgremium entschieden und damit auch bei Aktionären Beifall gefunden.

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