Mega-Deal Siemens/Alstom: Ton im Ringen um Zugfusion wird schärfer

München/Brüssel/Paris · Der Druck auf Margrethe Vestager nimmt zu: Nach weiteren Angeboten, um eine Erlaubnis für die Fusion der Bahnsparten zu erhalten, wendet sich Siemens-Chef Kaeser nun auf Twitter an die EU-Kommissarin. Auch aus der Politik kommen weitere Warnungen.

 Ein TGV und ein ICE auf der Rheinbrücke in Kehl. Die Fusion zwischen Alstom und Siemens steht weiterhin auf der Kippe.

Ein TGV und ein ICE auf der Rheinbrücke in Kehl. Die Fusion zwischen Alstom und Siemens steht weiterhin auf der Kippe.

Foto: Marijan Murat

Siemens-Chef Joe Kaeser schlägt im Ringen um die Genehmigung der Zugfusion mit dem französischen Konkurrenten Alstom schärfere Töne an.

"Wer Europa liebt, der sollte sich nicht in rückwärts gerichteten Formeln verlieren", schrieb Kaeser in einer Mitteilung an EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager via Kurznachrichtendienst Twitter. "Es muss bitter sein, wenn man technisch recht hat, aber für Europa doch alles falsch macht", hieß es weiter.

Ende vergangener Woche hatten Siemens und der französische Zughersteller Alstom weitere Angebote an die Kommission übermittelt, um das Zusammengehen der ICE- und TGV-Bauer zu ermöglichen.

Vestager sieht das Vorhaben mit Blick auf den innereuropäischen Wettbewerb äußerst kritisch. Sie verlangt von Siemens und Alstom unter anderem weitreichende Veräußerungen bei der Signaltechnik sowie langjährige Lizenzierungen von Technik für Hochgeschwindigkeitszüge. Wie das "Handelsblatt" (Montag) berichtete, haben beide Konzerne nun einer zehnjährigen Lizenzierung dieser Technik zugestimmt - zum Teil auch außerhalb Europas, nicht jedoch nach China, Japan oder Südkorea.

Der deutsche Markt für die neueste Zugplattform Velaro Novo, auf der nicht nur Hochgeschwindigkeitstechnik entwickelt wird, soll von diesen Lizenzierungen der Zeitung zufolge aber ausgenommen sein. Bislang hieß es aus Konzernkreisen, länger als fünf Jahre könne die Technik nicht lizenziert werden, da bei den dann anstehenden Ausschreibungen der weltgrößte Zughersteller CRRC aus China mitmischen könnte.

Zudem haben die Konzerne dem "Handelsblatt" zufolge weiteren Verkäufen bei der Signaltechnik zugestimmt. Konzernkreise bestätigten am Montag die Informationen der Zeitung. Mitte Dezember hatte Siemens in diesem Bereich bereits Veräußerungen in Höhe von vier Prozent des Umsatzes zugestimmt. Ob die neuen Konzessionen die Kommission umstimmen, ist fraglich. Sie hat bis zum 18. Februar Zeit, sich zu entscheiden.

Längst ist um die Frage ein politischer Grundsatzstreit entbrannt. Hintergrund ist die Sorge vor staatlich gelenkter Konkurrenz aus Fernost - wie CRRC - die zunehmend auch ihre Fühler nach Europa ausstreckt. Aus Sicht der deutschen und französischen Regierung sind deshalb sogenannte europäische Champions in Form von fusionierten Großkonzernen notwendig, um diesen Herausforderungen etwas entgegenzusetzen. Andere fürchten, dass auf diese Weise der Wettbewerb auf dem europäischen Binnenmarkt Schaden nehmen könnte, was höhere Preise etwa für Bahnfahrer zufolge haben könnte.

"Heute rechtfertigt nichts mehr eine Verweigerung der Fusion zwischen Alstom und Siemens durch die Europäische Kommission", sagte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire dem Radiosender France Inter.

Auch der Spitzenkandidat der EVP-Fraktin im Europa-Parlament, Manfred Weber, meldete sich zu Wort: "Es kann nicht sein, dass die EU-Kommission die konkrete Zusammenarbeit zwischen Siemens und Alstom untersagt mit dem Argument, dass dann in Europa der Wettbewerb schwieriger werden würde", sagte der CSU-Vize im Anschluss an eine Sitzung des Parteivorstandes in München. Der Bau von Hochgeschwindigkeitszügen sei ein Riesenmarkt, bei dem es um zig tausende Arbeitsplätze in ganz Europa gehe. "Tatsache ist, dass wir bei diesen großen Märkten nicht im europäischen Wettbewerb denken müssen, sondern im globalen Wettbewerb denken", sagte Weber.

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