Dieselskandal Schlussstrich bei Audi unter die Ära Stadler

München · Die VW-Tochter und ihr langjähriger Vorstandschef einigen sich auf sofortige Vertragsauflösung. Die Initiative soll von ihm ausgegangen sein.

 Rupert Stadler legt im März die Audi-Bilanz vor. Damals war er noch Chef des Autoherstellers. FOTO: DPA

Rupert Stadler legt im März die Audi-Bilanz vor. Damals war er noch Chef des Autoherstellers. FOTO: DPA

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Der seit gut drei Monaten in Untersuchungshaft sitzende Rupert Stadler räumt seinen Posten als Audi-Chef. Er und der Konzern haben sich einvernehmlich und mit sofortiger Wirkung auf eine Beendigung seiner eigentlich noch bis 2022 laufenden Bestellung als Audi-Chef geeinigt, wurde nach Aufsichtsratssitzungen von Konzernmutter VW und Audi am Dienstag erklärt. Auch sein bis Ende 2019 laufender Vertrag als VW-Vorstand wird vorzeitig aufgelöst. Ausgegangen ist die Initiative zur Trennung vom 55-jährigen Bayern, verrät eine mit den Vorgängen vertraute Person. Stadler verspricht sich dadurch größere Chancen auf baldige Freilassung. Wegen Betrugsverdacht und Verdunkelungsgefahr sitzt er seit Mitte Juni in der Augsburger Justizvollzugsanstalt.

Stadler sei wegen seiner andauernden U-Haft nicht in der Lage, seine Vorstandsaufgaben zu erfüllen, und wolle sich nun auf seine Verteidigung konzentrieren, hieß es in einer offiziellen VW-Mitteilung. Um sich zu trennen, hatte es dreier Anläufe bedurft, was vor allem mit der heiklen Frage einer Abfindung für den langjährigen Audi-Chef zu tun hat. „Die vertragliche Abwicklung ist an den Verlauf und den Ausgang des Strafverfahrens geknüpft“, heißt es dazu offiziell so wortkarg wie vage.

Höhe der Abfindung hängt auch von seiner Rolle beim Dieselbetrug ab

Gemeint ist damit, dass Stadlers Abfindung vom Ausmaß seiner Mitschuld an den Dieselbetrügereien abhängig gemacht wird, was rechtlich im Detail kompliziert zu fassen ist. Ermittler sagen, als Audi-Chef habe er versucht, einen Mitarbeiter intern abzustrafen, der gegenüber der Justiz allzu auskunftsfreudig war. Die hat das als Behinderung ihrer Ermittlungen gesehen, weshalb Stadler in U-Haft genommen wurde. In der Hauptsache wird er des Betrugs beschuldigt. Der Mann, der elf Jahre an der Spitze von Audi gestanden hatte, soll dafür verantwortlich sein, dass der Autobauer weiter Dieselfahrzeuge mit Betrugssoftware verkauft hat, obwohl Stadler von den Manipulationen schon wusste, sagen die Ermittler. Nicht verdächtigt wird er dagegen, den Abgasbetrug angeordnet zu haben.

Mit Blick auf seine Vertragslaufzeiten stünde dem Bauernsohn aus Oberbayern eigentlich eine zweistellige Millionensumme als Abfindung zu. Eine solche Dimension sei aber ausgeschlossen, versichert ein Insider. Als Sofortzahlung erhalte Stadler deutlich weniger als eine Million Euro. Weitere Zahlungen hängen davon ab, was die Staatsanwaltschaft ihm nachweisen kann und ob er verurteilt wird. Nicht ausgeschlossen sind je nach Ermittlungsverlauf zudem auch Schadenersatzansprüche von Audi und VW.

Andererseits hat der Untersuchungshäftling nun bessere Chancen auf eine baldige Freilassung. Wenn Stadler nicht mehr Audi-Chef ist, hat er keine Weisungsbefugnisse mehr, was die Verdunklungsgefahr und damit den Grund für seine U-Haft relativiert, sagt ein Justizexperte. Sein Verteidiger Thilo Pfordte hat beim Münchner Oberlandgericht (OLG) vor Kurzem einen zweiten Antrag auf Haftentlassung gestellt, nachdem eine erste Haftbeschwerde beim Landgericht München gescheitert war. Das OLG will dem Vernehmen nach nächste Woche über den zweiten Anlauf entscheiden.

Unschuldsvermutung gilt weiterhin

Audi und VW kommt die einvernehmliche Trennung ebenfalls gelegen. Ihn entlassen können hätte man nur unter erheblichen arbeitsrechtlichen und damit finanziellen Risiken. Stadler ist nicht überführt, sodass die Unschuldsvermutung unvermindert gilt. Er selbst hat stets alle Vorwürfe bestritten. Bei der internen Aufarbeitung der Dieselvorwürfe wurde Stadler aber vielfach als sehr zögerlich kritisiert, was ihm den Spitznamen „Teflon-Stadler“ einbrachte.

Intern war deshalb schon länger klar, dass der Manager nicht mehr auf den Chefsessel bei Audi zurückkehren wird. Erkennbar von ihm abgerückt war zuletzt das eigene Personal. „Für die Belegschaft bedeutet die heutige Entscheidung endlich mehr Klarheit“, kommentierte Audi-Betriebsratschef Peter Mosch die nun erfolgte Trennung. Eine schützende Hand über Stadler gehalten hatten lange die bei VW bestimmenden Aktionärsfamilien Piech und Porsche. Stadler war einst Büroleiter und Vertrauter des langjährigen VW-Patriarchen Ferdinand Piech und später auch Vorstand von dessen Privatstiftungen. Stadlers Nachfolge ist offen. Kommissarisch vertreten wird er seit Juni durch den Niederländer Bram Schot.

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