Ziel: "Bürgerbahn" Scheuer macht Druck für Verbesserungen bei Bahn

Berlin · Rund um Weihnachten werden die Züge voll sein. Und es drohen wieder einmal Verspätungen. Auch sonst steckt die Bahn in der Krise. Der Bund will eine Trendwende im neuen Jahr - und zwar schnell.

 Verkehrsminister Andreas Scheuer: "Wir brauchen eine Bürgerbahn, die den Namen verdient - nämlich, dass wir pünktlicher werden, dass wir besseren Service anbieten."

Verkehrsminister Andreas Scheuer: "Wir brauchen eine Bürgerbahn, die den Namen verdient - nämlich, dass wir pünktlicher werden, dass wir besseren Service anbieten."

Foto: Michael Kappeler

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat die Deutsche Bahn angesichts vieler Probleme zu schnellen Verbesserungen für die Fahrgäste aufgefordert.

"Wir brauchen eine Bürgerbahn, die den Namen verdient - nämlich, dass wir pünktlicher werden, dass wir besseren Service anbieten", sagte Scheuer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Qualität beim Bahnfahren müsse im neuen Jahr schnellstens wieder steigen. Es gebe Zeitdruck. Scheuer nahm die Führung um Bahnchef Richard Lutz in die Pflicht: "Das ist eine riesige Aufgabenstellung für die Spitze der Bahn."

Der bundeseigene Konzern hat Probleme mit Verspätungen seiner Züge bislang nicht in den Griff bekommen. Vor allem an großen Knotenpunkten gibt es Engpässe. Daneben plagen Probleme mit der Technik das Unternehmen. Der Staatskonzern hatte im November nach einer Sitzung des Aufsichtsrats höhere Ausgaben für Züge, Schienennetz und Mitarbeiter angekündigt, um die Krise zu überwinden.

"Das System Schiene ist an die Grenzen gekommen", sagte Scheuer. "Wir haben hohe Investitionen, große Baustellen, die zu Störungen führen. Wir müssen das besser koordinieren." Dazu gehöre auch ein besseres Baustellen-Management.

"Nach den Vorschlägen und dem Konzept vom November will ich im Januar von der DB hören, wie wir zügig zu merklichen Verbesserungen früh in 2019 kommen", sagte der CSU-Politiker. Auf die Frage, ob er noch Vertrauen in die Bahn-Führung habe, meinte er: "Mir wurde glaubwürdig ein Konzept vorgelegt, mit dem man intensiv für Verbesserungen sorgen will. Hier schnellstens zu Ergebnissen zu kommen, darauf liegt nachdrücklich mein Blick." Es gebe glücklicherweise einen "Run" auf die Bahn. "Nun müssen konkrete Ergebnisse schnell dazu führen, dass die Leute sagen: Es hat sich verbessert."

Erforderlich seien erhebliche Investitionen in digitale Stellwerks- und Steuerungstechnik: "Wir müssen es vermeiden, dass Störungen auf bestimmten Korridoren zahlreiche weitere Störungen im gesamten Netz auslösen." Außerdem müsse es ein besseres Management bei den Wartungen geben, damit die ICE, aber auch Güterwaggons schneller wieder fehlerlos in den Betrieb kommen.

Der Minister ging auch auf mögliche zusätzliche Milliarden des Bundes für die Bahn ein. "Ja, es gibt eine Finanzdebatte. Aber ich will erst Verbesserungen sehen. Und dann diskutieren wir, wie man die finanzielle Basis so gestaltet, dass die weitreichenden Aufgaben besser abgebildet werden."

Die Bahn will nach früheren Aussagen aus eigenen Mitteln in den kommenden fünf Jahren fünf Milliarden Euro zusätzlich in Züge und Schienennetz investieren. Vier Milliarden Euro davon sind noch nicht finanziert, wie in Kreisen des Kontrollgremiums zu hören war. Bahnchef Lutz solle dem Aufsichtsrat im März erklären, wie er das Geld beschaffen wolle, hieß es.

Zuletzt wurde wieder über einen Verkauf der Auslandstochter DB Arriva sowie der international tätigen Logistiktochter DB Schenker spekuliert. Die Bahn hatte Pläne dafür 2016 gestoppt. Der Konzern hat knapp 20 Milliarden Euro Schulden. Der Bund sitzt als Eigentümer auch mit Vertretern im Aufsichtsrat und kontrolliert somit das Management.

Scheuer äußerte sich zurückhaltend zu einem möglichen Verkauf: "Grundsätzlich hat es seinen Sinn, dass die Bahn nicht nur national, sondern europäisch und global aufgestellt ist", sagte der Minister. "Da muss jeder Schritt seriös diskutiert sein. Da kann es keine Schnellschüsse geben. Es geht darum, dass die Bürger in Deutschland guten Service bekommen - aber weit darüber hinaus auch Unternehmen gute Logistik-Angebote."

Auf die Frage, ob es Änderungen bei der gesetzlich festgelegten Konzernstruktur geben müsse, sagte Scheuer: "Wichtiger als das organisatorische Lametta ist die konkrete Verbesserung des Bahnverkehrs. Die Bürger wollen nicht, dass wir über eine quälende Strukturdebatte die wirkliche Aufgabe vergessen, dass die Bahn gute Qualität, Pünktlichkeit und einen guten Service bietet. Dann ist sie wirklich Bürgerbahn."

Der Minister mahnte aber Verbesserungen bei den Abläufen im Konzern an. "Die Geschäftseinheiten der Bahn müssen sich klarer abstimmen und besser verzahnen. Das diskutiert man schon viel zu lange."

Von der FDP kam Kritik. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, sagte am Freitag, die Bahn sei immer noch ein Staatskonzern und das Verkehrsministerium maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Bahn in einem so desolaten Zustand sei. "Das Gleisnetz etwa verrottet, weil Milliarden Euro ohne wirksame Kontrolle eingesetzt wurden." Der FDP-Verkehrspolitiker Torsten Herbst sagte: "Die Erkenntnis von Verkehrsminister Andreas Scheuer kommt viel zu spät. Es wäre im Vorfeld genug Zeit vorhanden gewesen, um die fehlerhaften Abläufe innerhalb der Deutschen Bahn zu kontrollieren und zu ändern."

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