Folgen der Corona-Krise Entsetzen in Frankreich über mögliche Werkschließungen bei Renault

Paris · Die Corona-Krise trifft den französischen Autohersteller Renault mit voller Wucht. Auf dem Spiel stehen mehrere Tausend Arbeitsplätze in Frankreich.

 Symbolbild.

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Foto:  Uli Deck

Schwere Zeiten bei Renault. In Frankreich verdichten sich die Spekulationen, der Autohersteller könnte wegen der Corona-Krise mehrere Standorte im Land schließen. Betroffen wären mehrere Tausend Arbeitsplätze. Selbst die Regierung ist angesichts eines Berichtes des Enthüllungsblatt „Le Canard Enchaîné“ aufgeschreckt. „Wir hängen an den Standorten in Frankreich“, sagte Regierungschef Édouard Philippe am Mittwoch im Senat und kündigte eine kompromisslose Haltung an. Frankreich müsse das „weltweite Zentrum für Renault“ bleiben. Der Staat hat bei dem Traditionshersteller viel zu sagen, da er zu 15 Prozent beteiligt ist.

Die Renault-Chefetage wollte sich zu dem Bericht nicht direkt äußern. In dem Text ist die Rede davon, dass vier Standorte des Herstellers im Heimatland gefährdet sind, dazu gehöre auf längere Sicht auch die große Fabrik Flins im Pariser Großraum. Dort werden das Elektro-Auto Zoe und der Nissan Micra des verbündeten japanischen Autokonzerns produziert. Im vergangenen Jahr liefen dort 160.000 Autos vom Band, hergestellt von fast 3000 Arbeitern. Wie die Tageszeitung „Le Figaro“ berichtet, soll die Fabrik nicht geschlossen werden. Allerdings werden dort in Zukunft wohl keine Fahrzeuge mehr gebaut, sondern gebrauchte Autoteile für die Wiederverwertung recycelt. Geschlossen werden sollen allerdings die Werke in Choisy-le-Roi südlich von Paris, Dieppe am Ärmelkanal sowie Caudan in Westfrankreich, in denen jeweils mehrere Hundert Leute beschäftigt sind. Offensichtlich versucht Renault den Stellenabbau ohne Entlassungen zu bewerkstelligen, sondern setzt auf freiwillige Auflösungsverträge.

Corona-Krise verstärkt bestehende Probleme bei Renault

Die Corona-Krise trifft Renault zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Im vergangenen Jahr war der Konzern zum ersten Mal seit zehn Jahren tief in die roten Zahlen gerutscht. Der Verlust betrug nach Renault-Angaben 141 Millionen Euro. 2018 hatte noch ein Nettogewinn von 3,3 Milliarden Euro zu Buche gestanden. Zudem hat der Ruf des Unternehmens unter einer monatelangen Führungskrise gelitten. Dem früheren Konzernchef Carlos Ghosn war ein Verstoß gegen Börsenauflagen in Japan vorgeworfen worden. Er wurde auch wegen weiterer angeblicher Vergehen angeklagt und kam dann auf Kaution aus der Untersuchungshaft. Carlos Ghosn war dann unter bisher nicht ganz geklärten Umständen aus Japan in den Libanon geflohen. Die Renault-Aktie hat seit der Festnahme Ghosns Ende 2018 in Japan fast die Hälfte ihres Werts eingebüßt.

Angesichts dieser Schwierigkeiten hat das Unternehmen schon vor einigen Monaten einen strengen Sparkurs angekündigt. Die Kosten sollen um mehr als zwei Milliarden Euro sinken, ein Plan dazu soll am 29. Mai präsentiert werden. Interimschefin Clotilde Delbos hatte zu Beginn dieses Jahres deutlich gemacht, dass Fabriken in Frankreich und in der ganzen Welt auf dem Prüfstand stehen.

Damals konnte allerdings noch keiner damit rechnen, dass die Corona-Pandemie diese Ausmaße annehmen würden. Doch nun ist nach den sehr schlechten Geschäftszahlen 2019 der Absatz in den ersten Monaten dieses Jahres weiter eingebrochen. Die EU-Wettbewerbshüter erlaubten der Regierung in Paris bereits, den Hersteller mit einer Garantie für Kredite bis fünf Milliarden Euro zu unterstützen. Kritik an dieser Maßnahme kommt von der Opposition. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen bemängelt, diese Milliardenhilfe umfasse keine Verpflichtung, die Beschäftigung im Inland zu sichern.

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