Cum-Ex-Geschäfte Razzia bei Blackrock in München

Frankfurt · Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Vermögensverwalter wegen dubioser Steuergeschäfte. Pikant: Friedrich Merz leitet beim deutschen Ableger das Kontrollgremium.

 Die Zentrale des Vermögensverwalters Blackrock in New York. Am Dienstag wurden die Münchner Räume der Niederlassung durchsucht.

Die Zentrale des Vermögensverwalters Blackrock in New York. Am Dienstag wurden die Münchner Räume der Niederlassung durchsucht.

Foto: picture alliance/dpa

In den Sog des Steuerbetrugs rund um so genannte „Cum-Ex“-Geschäfte ist nun auch der Vermögensverwalter Blackrock geraten. Am Dienstag hat die Kölner Staatsanwaltschaft Räume des Unternehmens in München durchsucht. Das Pikante daran: Friedrich Merz, erklärter Anwärter auf den CDU-Vorsitz, leitet seit 2016 das Kontrollgremium des deutschen Ablegers.

Der Grund für die Razzia in den Münchner Büros von Blackrock liegt in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln zu umstrittenen Cum-Ex-Geschäften. Das sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Ein Blackrock-Sprecher sagte: „Blackrock arbeitet in einer laufenden Untersuchung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Transaktionen im Zeitraum 2007 bis 2011 uneingeschränkt mit den Ermittlungsbehörden zusammen.“ Die Staatsanwaltschaft in Köln wollte sich auf Anfrage dieser Zeitung nicht äußern – weder den Bericht bestätigen noch dementieren. Fest steht aber seit Längerem, dass die Kölner Staatsanwaltschaft in Sachen Cum-Ex-Geschäften ermittelt.

Mit Cum-Ex-Geschäften wird ein in großem Stil angewendeter Trick von bestimmten Gruppen in der Finanzbranche bezeichnet. Ziel ist es, sich mit Hilfe von Banken mehrfach Steuern rückerstatten zu lassen. Es handelt sich um Geschäfte rund um den Stichtag der Dividendenzahlungen von Börsenunternehmen. „Cum“ bezeichnet dabei die Aktien mit Dividendenanspruch, „Ex“ die Papiere ohne. Rund um den Tag der Ausschüttung der Dividende haben die Betroffenen Aktien mit und ohne Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin und her geschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem sie überhaupt gehörten. In diesem Verwirrspiel haben es Finanzakteure dann geschafft, sich eine bestimmte Steuer – die Kapitalertragssteuer – auf diese Geschäfte mehrfach zurückerstatten zu lassen.

Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums beträgt der so entstandene Schaden mindestens fünf Milliarden Euro. Recherchen eines europäischen Journalistennetzwerkes haben jüngst ergeben, dass die Summe weitaus höher liegt. So hat der Steuerprofessor von der Universität Mannheim, Christoph Spengel, errechnet, dass der hiesige Fiskus knapp 32 Milliarden Euro für Cum-Ex-Geschäfte zu Unrecht an die Geschäftemacher überwiesen hat.

Pikant wäre eine mögliche Beteiligung von Blackrock an solchen Deals, weil Merz seit 2016 das Aufsichtsgremium von Blackrock in Deutschland leitet. Allerdings liegt der Zeitraum der nun im Verdacht stehenden Geschäfte in den Jahren zwischen 2007 und 2011 –, also lange bevor er als Aufseher bei Blackrock die Fäden in die Hand nahm.

Blackrock ist der weltweit größte Vermögensverwalter. Der internationale Investor hat Vermögen in Höhe von über sechs Billionen Dollar unter seiner Kontrolle – und hält auch Anteile an fast allen großen Börsenkonzernen hierzulande. Bei einem Drittel der Dax-Konzerne ist Blackrock der größte Einzelaktionär. Merz hatte zuletzt Cum-Ex-Geschäfte eindeutig verurteilt. Derartige Geschäfte seien „vollkommen unmoralisch“, unabhängig von der juristischen Bewertung. Bis heute ist nicht in letzter Instanz geklärt, ob die Geschäfte wirklich illegal waren. Heute gehen aber die meisten Beobachter und Ermittler davon aus.

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