Diskussion um Digitalwährung Platzt nach dem Hype bald die Bitcoin-Blase?

Bonn · Der Bitcoin ist vergangene Woche teilweise auf fast 20000 Dollar gestiegen. Offenbar versuchen viele Anhänger der Währung noch, auf den rasanten Zug aufzuspringen. Wie kommt es zu dieser Euphorie?

 Der Bitcoin erreicht derzeit einen Rekordwert nach dem anderen.

Der Bitcoin erreicht derzeit einen Rekordwert nach dem anderen.

Foto: dpa

Die Geschichte ist eigentlich zu schön, um wahr zu sein: Wer vor 5 Jahren 500 Euro in Bitcoins gesteckt hat, der wäre heute mehr als nur Millionär – er besäße eineinhalb Millionen Euro. Und es gibt in der Tat Fälle vorwiegend junger Menschen, die zum Start der Digitalwährung fleißig mitgemischt haben. Heute können sie vor allem eines machen: Ihr Geld auf dem Konto zählen. Im Geld zu schwimmen wie Dagobert Duck allerdings können sie nicht – denn digitale Währungen gibt es nicht als Scheine und Münzen – sondern nur auf Computern und in den Windungen des Internets.

Und hier werden an bestimmten Börsen digitale Währungen wie Bitcoins rege gehandelt. Die einen wollen noch auf den Zug aufspringen, andere wittern Gefahren und Risiken und ziehen sich zumindest zeitweise aus der Währung heraus. Das hat in den vergangenen Tagen zu starken Schwankungen im Wert der Bitcoins geführt. Dennoch ist der steile Aufwärtstrend grundsätzlich nicht ausgesetzt – praktisch jeden Tag feiern Bitcoins neue Rekorde. Wie kommt es zu dieser grassierenden Bitcoin-Euphorie?

Mehrere Ursachen für Kursexplosion

Die jüngste Kursexplosion des Bitcoins hat mehrere Ursachen. Zum einen wird die digitale Währung in asiatischen Ländern immer beliebter. Japan beispielsweise ist eine Hochburg der überwiegend jungen Bitcoin-Gemeinschaft. In anderen Ländern wie Venezuela, wo die einheimische Währung rapide an Wert verloren hat, dient der Bitcoin als eine stabile, in diesen Tagen sogar lukrative Alternative. Auch diese Entwicklung hat vermutlich Staatschef Nicolás Maduro auf die Idee gebracht, eine eigene Digitalwährung mit dem Namen Petro einführen zu wollen. Das soll wohl daran erinnern, dass Venezuela ungeachtet seiner krassen Wirtschaftskrise auf den größten Ölvorkommen weltweit sitzt.

Und schließlich spielt der Bitcoin auch in kriminellen Milieus eine Rolle – denn die Transaktionen sind durch keine Vermittler wie Banken dokumentiert. Und weil die Teilnehmer der Transaktionen anonym sind, spielen Bitcoin gerade im Bereich der Cyber-Kriminalität eine wichtige Rolle. Erpressungsgelder nach dem Einfall von Trojanern in fremde Systeme sollen oft in Form von Bitcoins bezahlt werden.

Großinvestoren steigen auf Zug auf

Doch in den letzten Wochen kam noch eine entscheidende Entwicklung dazu, die den Kurs getrieben hat: Beobachtern zufolge sind Großinvestoren wie Hedgefonds ebenfalls auf den Zug aufgesprungen – sie wollen an der Goldgräberstimmung teilhaben und auf der Welle des steil steigenden Wertes des Bitcoins mitsurfen. Und schließlich wird es Terminkontrakte für Bitcoins geben. Vergangene Woche hat die US-Behörde CFTC sogenannte Bitcoin-Futures genehmigt. Zwei US-Börsen wollen diese Wertpapiere nun auflegen und die ersten Future in den Handel und unter die Leute bringen. Damit können Anleger dann auf steigende oder fallende Kurse des Bitcoins wetten – und so aus den Schwankungen, wenn sie richtig gewettet haben, Profit schlagen.

Dass das keine Einbahnstraße nach oben ist, sollte klar sein. „Sobald an den Terminbörsen gehandelt wird, kann es gut sein, dass mal jemand massiv Druck ausübt. Wir vermuten, dass da verschiedene Spieler gegeneinander antreten werden – und das könnte einen Rückschlag geben“, sagt der Fondsmanager Hendrik Leber vom Vermögensverwalter Acatis. Der Schritt des Bitcoins an die Terminbörsen könne insgesamt so verstanden werden, dass der Bitcoin aus seinen Kinderschuhen herauswächst und gesellschaftsfähig wird, meint Leber.

Und schließlich wird auch der Wert des Bitcoins empor getragen vom vielen Geld der Notenbanken, das nach wie vor nach lukrativen Anlagen sucht. „Es geht um sehr viel Geld, das im Markt ist, und diese Liquidität muss angelegt werden, und deswegen ist es nicht völlig auszuschließen, dass dieser Hype noch etwas anhält“, meint Oliver Roth, Chefbörsenhändler beim Wertpapierhandelshaus Oddo Seydler.

Droht das Platzen der Blase?

Bleibt allerdings die Frage zu klären, ob das Platzen einer möglichen Bitcoin-Blase droht. Über diesen Punkt genau streiten die Geister. Offenbar sehen mehr und mehr Anleger noch Spielraum nach oben beim Kurs des Bitcoins. Hendrik Leber schätzt, dass 100 000 Dollar pro Bitcoin nicht unmöglich sind. An der Börse ist man da skeptischer. „Ich betrachte das Ganze mit einer gewissen Fassungslosigkeit“, sagt etwa Aktienhändler Stefan Scharfetter von der Baader Bank. „Der Run auf Bitcoins hat irre zugenommen in den letzten Wochen. Das hat schon etwas blasenartiges“. Auch andere Händler auf dem Börsenparkett sind skeptisch, was den Bitcoin-Hype angeht. Sie rechnen fest mit dem Platzen einer Blase – nur das Wann scheint ihnen fraglich.

Fest steht jedenfalls, dass es an den Finanzmärkten schon ähnliche Blasen und Kursexplosionen gegeben hat. Eines der bekanntesten und ältesten Beispiele ist die Tulpenmanie in den Niederlanden im 17. Jahrhundert. Dort waren Tulpenzwiebeln beliebt geworden – und standen innerhalb kürzester Zeit sehr hoch im Kurs. Allerdings platzte dieser Traum und ging als erste Börsenblase in die Geschichte ein. „Bitcoin ist die Tulpenzwiebel der Finanzmärkte im 21. Jahrhundert“, sagt denn auch Ulrich Kater, der Chefvolkswirt der Deka-Bank.

Anlage ist hochspekulativ

Ob dem so ist, das allerdings kann man erst in Zukunft und in der Rückschau sagen. Fest steht jedenfalls: Derzeit ist eine Anlage in Bitcoins hochspekulativ und nichts für schwache Nerven. Bei Kurssprüngen von locker 20 Prozent innerhalb weniger Stunden darf sich niemand darauf verlassen, eine Investition in diese digitale Währung vollständig wieder zu sehen.

Die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel warnt derweil vor den potenziellen Risiken für das gesamte Finanzsystem. Die Preisentwicklung der Bitcoins erinnere an die großen Blasen der Wirtschaftsgeschichte, sagte sie der „Welt am Sonntag“. Solange die Spekulationen um den Kurs der Kryptowährung mit Eigenkapital finanziert seien, verlören die Investoren im Falle eines Crashs zwar viel Geld – „die Ansteckungsgefahren dürften aber begrenzt sein.“ Problematischer werde es, wenn die Vermögenswerte auf Kredit gekauft würden, was bei Bitcoins zunehmend der Fall zu sein scheine. „Dann könnte ein Preisverfall das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen.“ Sorge bereitet Schnabel vor allem, dass der Bitcoin-Markt noch weitgehend unreguliert ist. Das erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass es wegen operationeller Risiken zu einem Crash kommen könne. Schnabel gehört seit 2014 dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an.

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