Mehr Leitungen als Windparks Netzbetreiber fordert Ausbau auf See

Bayreuth · Zu Beginn des Windkraft-Zeitalters auf der Nordsee gab es Probleme, den Strom an Land zu bringen. Nun ist es umgekehrt: Es gibt mehr Kapazitäten für den Abtransport als für die Erzeugung von Windstrom.

 Das Wachstum der Offshore-Windenergie has sich deutlich verlangsamt, teilt der Netzbetreiber Tennet mit.

Das Wachstum der Offshore-Windenergie has sich deutlich verlangsamt, teilt der Netzbetreiber Tennet mit.

Foto: Jens Büttner

Die Windkraftwerke in der Nordsee haben in den ersten sechs Monaten des Jahres 8,17 Terawattstunden Strom erzeugt und damit 5,15 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Das teilte der Netzbetreiber Tennet in Bayreuth mit. Damit hat sich das Wachstum der Offshore-Windenergie deutlich verlangsamt; im ersten Halbjahr 2017 hatte das Plus noch bei 50 Prozent gelegen. Das liegt daran, dass gegenwärtig weniger Windparks neu ans Netz gehen als zu Beginn der Offshore-Windkraft.

Zur Nordsee-Erzeugung dazu kommen noch einmal 0,9 Terawattstunden (TWh) aus der Ostsee, die nicht zum Tennet-Netzgebiet gehört, so dass insgesamt gut neun TWh Strom von den fast 1200 Offshore-Windkraftwerken auf dem Meer stammen. Das entspricht rund drei Prozent der deutschen Stromerzeugung.

Die vorhandenen Kapazitäten des Tennet-Übertragungsnetzes, um Strom von den Windparks an Land zu transportieren, werden nach Darstellung des Unternehmens gegenwärtig nicht ausgeschöpft. "Wir sehen hier ein deutliches Potenzial zur Optimierung", sagte Tennet-Vorstand Lex Hartman.

In der Nordsee liefen in absehbarer Zeit rund 660 Megawatt Netzkapazität ungenutzt leer. "Diese freien Ressourcen könnte der Gesetzgeber über eine zusätzliche Ausschreibung an Offshore-Windparks vergeben", sagte Hartman. "Mit Blick auf das neue Ziel der Bundesregierung, wonach der Anteil an erneuerbaren Energien bis 2030 mindestens 65 Prozent erreichen soll, sollten wir solche Potenziale nutzen."

In der Nordsee hat Tennet gegenwärtig zehn Offshore-Anschlusssysteme in Betrieb, die zusammen 5332 Megawatt Strom von den Windparks an Land bringen können. Dem stehen Windkraftwerke mit einer Kapazität zur Stromerzeugung von 4716 Megawatt gegenüber. Maximal erreicht haben die Windparks an ihrem besten Tag, dem 31. März dieses Jahres, 4431 Megawatt. Das entspricht der Leistung von vier bis fünf großen Atomkraftwerken. Gegenwärtig sind zwei Offshore-Windparks mit einer Leistung von 780 Megawatt in Bau und fünf weitere Projekte mit rund 1500 Megawatt geplant. Mehr ist bis Ende 2020 gesetzlich gar nicht möglich.

Idealerweise entwickeln sich die Erzeugungs- und Leitungskapazitäten im Gleichschritt. Tennet will bis 2023 drei weitere Anbindungssysteme fertigstellen, so dass dann mehr als 8000 Megawatt zur Verfügung stehen und bis 2027 fast 11 000 Megawatt. Bislang gibt es einen Ausbaudeckel von 15 000 Megawatt oder 15 Gigawatt Leistung in Nord- und Ostsee bis 2030, doch bemüht sich die Branche gemeinsam mit den meisten Politikern in Norddeutschland und den Gewerkschaften, dieses Ausbauziel auf 20 Gigawatt anzuheben. Die Bundesregierung hat sich dazu noch nicht konkret geäußert.

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