Was müssen Arbeitnehmer mitmachen? Messebesuch bleibt Ermessenssache für Arbeitnehmer

Berlin · Das Coronavirus macht vielen Angst: In Zeiten einer Pandemie gilt vor allem die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für seine Beschäftigten.

 Besucher der Mobilfunkmesse Mobile World haben in diesem Jahr Angst vor einer Infektion mit dem Corona-Virus.

Besucher der Mobilfunkmesse Mobile World haben in diesem Jahr Angst vor einer Infektion mit dem Corona-Virus.

Foto: dpa/Christoph Dernbach

Die weltgrößte Mobilfunk-Messe leidet unter den Folgen der Corona-Pandemie: Am Montag haben Sony und Amazon ihre Teilnahme am Mobile World Congress in Barcelona abgesagt. Wenn die Messe übernächste Woche eröffnet, fehlen damit zahlreiche der Schwergewichte der Technik-Branche. Denn zuvor hatten bereits die Elektronikfirmen LG und NVIDIA ihre Teilnahme zurückgezogen. „Wir haben diese schwierige Entscheidung getroffen, weil wir größten Wert auf die Sicherheit unserer Kunden, Partner, Medien und Mitarbeiter legen“, teilte Sony mit.

Das Auftauchen des neuen Corona-Virus stürzt viele Firmenmitarbeiter und Manager in ein Dilemma. Verpasste Messen und Kundenbesuche kosten Umsatz, ebenso wie Fehlzeiten am Arbeitsplatz in China. Zugleich soll sich keiner unnötig in Gefahr bringen. Das Bürgerliche Gesetzbuch formuliert hier aus­drücklich eine „Fürsorgepflicht des Arbeitgebers“. „Wenn es eine Gefahr für die Arbeitnehmer gibt, müssen Arbeitgeber dafür sorgen, dass sie nicht in Regress genommen werden“, sagt Aziza Yakhloufi Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Rödl & Partner.

Konkrete Gefahr bleibt Ermessenssache

Was eine konkrete Gefahr ist, bleibt Ermessenssache. Kein Chef käme derzeit auf die Idee, jemanden auf Dienstreise in die chinesische Provinz Hubei zu schicken. Zu Recht, denn für diese Region gilt eine konkrete Warnung des Auswärtigen Amtes. Von Reisen ins übrige China raten die Behörden ebenfalls ab, wenn auch nicht in Form einer konkreten Warnung. Die Teilnahme an einer Konferenz in Peking ist also ein Grenzfall. „Das wird derzeit von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich gehandhabt“, sagt Yakhloufi.

Im Fall der Mobilfunkmesse in Barcelona gibt es keine Reisewarnung. Es läge durchaus im Ermessen der Chefin, ihre Delegation wie geplant anreisen zu lassen. Wer davon betroffen ist, kann nicht unbedingt „Nein“ sagen. „Grundsätzlich muss jeder Arbeitnehmer den Weisungen des Arbeitgebers Folge leisten“, sagt Yakhloufi. Ansonsten drohe eine Abmahnung. Wenn doch etwas schief geht und sich in jemand im Dienst ansteckt, dann können solche Fälle vor dem Arbeitsgericht landen. „Wenn nachweisbar ist, dass der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen ist, dann kann er in Regress genommen werden“, muss also gegebenenfalls Schadenersatz zahlen, so Yakhloufi.

Solche rechtlichen Fragen sind in Zeiten zunehmender Globalisierung immer häufiger zu klären. Ein Beispiel sind Terrorgefahren. Früher galten bestimmte Regionen als besonders terrorgefährdet und wurden so behandelt wie heute Hubei. Das habe sich etwas aufgeweicht, sagt Yakhloufi. Schließlich drohen heute grundsätzlich überall höhere Terrorrisiken als früher.

Nicht einzige Veranstaltung der Besucher wegbleiben

Der Veranstalter der Mobilfunkmesse in Barcelona reagiert nun auf das steigende Misstrauen und verwehrt Reisenden aus Hubei grundsätzlich den Zutritt zu der Messe. Er begründet das mit der Ausrufung einer globalen Notlage durch die Weltgesundheitsorganisation. Der Mobile World Congress ist unterdessen nicht die einzige Großveranstaltung, der die Besucher wegbleiben. Die Kunstmesse Art Basel Hongkong hat der Veranstalter sogar komplett abgesagt.

Andere Veranstalter verhalten sich besonnener. Für Frankfurt war es Ehrensache, die Konsumgütermesse Ambiente stattfinden zu lassen. Das zuständige Gesundheitsamt sieht allenfalls eine vernachlässigbare Gefahr für Bevölkerung und Besucher. Das Land Hessen geht noch weiter: Es warnt vor diskriminierendem Verhalten gegenüber asiatisch aussehenden Mitbürgerinnen und Mitbürgern. „Es gibt grundsätzlich nie eine Rechtfertigung dafür, Menschen aufgrund ihrer vermeintlichen Herkunft auszugrenzen“, teilte Sozialminister Kai Klose von den Grünen mit. Das neue Coronavirus sei auch kein Anlass zur Panik.

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