Fragen und Antworten Was die Ausweitung der Meisterpflicht bedeutet

Berlin · Der Bundestag ändert die Handwerksordnung und nimmt die Abschaffung aus dem Jahr 2004 zurück. Was das bedeutet? Lesen Sie hier Antworten auf die wichtigsten Fragen.

 Im Jahr 2004 hatte die Regierung für mehr als 50 Berufen die Meisterpflicht abgeschafft, für zwölf von ihnen führt die große Koalition sie nun wieder ein.

Im Jahr 2004 hatte die Regierung für mehr als 50 Berufen die Meisterpflicht abgeschafft, für zwölf von ihnen führt die große Koalition sie nun wieder ein.

Foto: dpa/Ina Fassbender

Der Bundestag hat mit seiner Änderung der Handwerksordnung die Zeit ein Stück zurückgedreht: 2004 hatte die rot-grüne Koalition für 53 Berufe die Meisterpflicht abgeschafft. Für zwölf von ihnen führt die große Koalition sie nun wieder ein.

  • Was ist die Begründung für die Neuregelung?

„Wir möchten, dass das Handwerk auch in Zukunft einen Beitrag zu hoher Qualität von Dienstleistungen und der Wirtschaftsentwicklung leisten kann“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Es gehe der Politik um Wertschätzung von Qualitätsarbeit.

  • Um welche Berufe geht es bei der Reform?

Die Meisterpflicht soll wieder eingeführt werden für Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer, Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Glasveredler, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter sowie Orgel- und Harmoniumbauer. Der Bundesrat muss noch zustimmen. Dies gilt allerdings als sicher.

  • Wie stehen die Parteien zur Reform?

CDU und SPD sind dafür, die FDP ist skeptisch. Der FDP-Abgeordnete Manfred Todtenhausen sagte mit Blick auf einen entsprechenden Antrag der AfD, eine vollständige Rückkehr zur Meisterpflicht in allen Gewerken wäre „Folklore“. Die Grünen fordern statt der Wiedereinführung der Meisterpflicht, dass Handwerksberufe attraktiver gemacht und Betriebe bei Digitalisierung und Klimaschutz unterstützt werden.

  • Wie sind die sonstigen Reaktionen?

Das Echo ist geteilt. Ökonomen bedauern die Abnahme des Wettbewerbs, während Handwerksverbände die Regulierung gut finden. „Das Handwerk hat die Pläne der damaligen rot-grünen Regierung von Anfang an kritisiert“, sagt Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstages. In den betreffenden Berufen sei die Zahl der Auszubildenden gesunken, solide Betriebe mussten schließen, Verbraucher seien über schlampige Arbeit enttäuscht gewesen. „Allerdings hätten wir uns gewünscht, dass mehr Gewerke in die Meisterpflicht zurückkehren“, sagt Peteranderl.

Wirtschaftswissenschaftler (siehe auch Kasten) befürchten hingegen höhere Preise und längere Wartezeiten für die Verbraucher. „Die Kundinnen und Kunden können selbst entscheiden, ob Fliesen und Parkett fachgerecht verlegt werden“, sagt Arbeitsmarktexperte Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Die Rücknahme sei ein „Ergebnis von Lobbyarbeit“. Er sei dafür, die Meisterpflicht komplett abzuschaffen. Die Liberalisierung habe zu einer enormen Gründungswelle geführt. „Dieser Erfolg wird nun rückgängig gemacht“, so Brenke. Auch die EU verlangt von Deutschland mehr Wettbewerb im Handwerk.

  • Wie war die Meisterpflicht früher geregelt?

Der Meisterbrief hat in Deutschland eine lange Tradition. Ob er Voraussetzung für die Führung eines Betriebs ist, war über die Jahrhunderte unterschiedlich: Mal schwang das Pendel Richtung Regulierung, mal in Richtung Liberalisierung. 1810 hat Preußen die Meisterpflicht fast völlig aufgehoben, doch 1908 machte das Deutsche Reich den Meister wieder zur Voraussetzung für die Ausbildung von Lehrlingen. Die Nazis führten die Meisterpflicht wieder ein, die US-Besatzer hoben sie auf, Kanzler Konrad Adenauer führte sie wieder ein. Rot-Grün schaffte 2004 in 53 von den 94 Handwerksberufen den Meisterzwang ab. Das bedeutet, es können auch Leute einen Betrieb gründen und ihre Dienste anbieten, unter denen sich kein Meister befindet. Das sollte Arbeitslose motivieren, sich selbständig zu machen. Auch für Zuwanderer, die in ihrer Heimat ausgebildet wurden, vereinfacht das den Zugang zum Markt. Nur in Berufen, in denen bei Stümperei Gefahr droht, blieb der Meisterzwang bestehen.

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