Gesundheitsversorgung in Deutschland Krankenhäusern fehlen 80.000 Pfleger

Düsseldorf · Laut Verdi ist eine angemessene Versorgung von Kranken und Alten in Deutschland nicht mehr gewährleistet. Die Gewerkschaft ruft Mittwoch zu einer Großdemonstration in Düsseldorf auf.

Deutschlands Gesundheitsminister tagen in dieser Woche in Düsseldorf. Zusammen mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beraten die 16 Länderminister darüber, wie der Patient bei all den Debatten um Kosten und medizinischen Fortschritt wieder ins Zentrum der Medizin gerückt werden kann. Mittwoch bekommen sie Besuch. Mehrere Tausend Kranken- und Altenpfleger sollen sich nach den Plänen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi um elf Uhr am Düsseldorfer Hauptbahnhof treffen, um von dort zum Tagungshotel der Minister im Düsseldorfer Hafen zu marschieren.

„Es geht nicht mehr“, sagt Esther Hasenbeck, die als Krankenpflegerin in einer Essener Klinik arbeitet. „Die Personaldecke ist inzwischen einfach zu dünn.“ Im Alltag sei sie im Schnitt ganze Nächte lang alleine für 18 Patienten verantwortlich. An die muss sie Medikamente ausgeben, sie muss Dokumentationen erstellen und für pflegerische Handgriffe wie Verbandswechsel parat stehen. Oft könne sie bei all dem Stress ganze Schichten lang selbst nicht einmal einen Schluck Wasser trinken, sagt Hasenbeck. „Man hält der Belastung nicht mehr stand“, sagt sie, „und dann passieren Fehler. Das können wir nicht mehr vermeiden.“

In Kranken- und Altenpflege fehlen 140.000 Kräfte

Montag stellte Verdi die Ergebnisse einer bundesweiten Erhebung zur Personalsituation in der Kranken- und Altenpflege vor. Die Zahlen der Stichprobe, die bis Ende Mai die Situation in bundesweit 166 Krankenhäusern erfassen sollte, klingen erschreckend. Der Gewerkschaft zufolge müsste die Zahl der rund 370 000 Krankenhaus-Pfleger in Deutschland um 22 Prozent erhöht werden, um alle Schichten ausreichend zu besetzen. Von den rund 80 000 Krankenpflegern, die laut Verdi bundesweit fehlen, sollen etwa 18 000 auf NRW entfallen. Zusätzlich fehlen in der stationären Altenpflege bundesweit weitere 60 000 Pflegekräfte, wie viele davon in NRW, ist laut Verdi schwer zu berechnen. In der Kranken- und Altenpflege zusammen fehlen demnach also bundesweit rund 140 000 Kräfte.

Politische Zahlen, die eine Gewerkschaft künstlich schlimm gerechnet hat? Sylvia Bühler, im Bundesvorstand von Verdi auf Gesundheitsthemen spezialisiert, bestreitet das vehement: „Die Beschäftigten haben in unserer Befragung keine Luftschlösser gebaut“, sagt die Gewerkschafterin, „die Angaben sind ausgesprochen realistisch.“ Im Grundsatz bestreiten auch weder die Krankenhausgesellschaften noch die Gesundheitsminister, dass es zu wenig Pflegekräfte gibt. So verspricht der neue Koalitionsvertrag der Bundesregierung: „Wir werden die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege sofort und spürbar verbessern.“ Es sollen „Sofortmaßnahmen für eine bessere Personalausstattung in der Altenpflege und im Krankenhausbereich ergriffen und dafür zusätzliche Stellen zielgerichtet gefördert“ werden.

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