Konjunktur Bundesbank warnt vor Risiken

Franfurt. · Experten sehen Stabilität des Finanzsystems zunehmend bedroht: Banken vergeben Firmenkredite zu leichtfertig

 Das Frankfurter Bankenviertel: Die Niedrigzinsen bereiten den Instituten zunehmend Probleme.

Das Frankfurter Bankenviertel: Die Niedrigzinsen bereiten den Instituten zunehmend Probleme.

Foto: dpa/Boris Roessler

Zunehmende Risiken stellt die Bundesbank in ihrem Bericht zur Stabilität des Finanzsystems fest. Seit dem letzten Bericht vor einem Jahr nämlich habe sich die wirtschaftliche Lage weiter eingetrübt. „Ein unerwarteter Konjunktureinbruch und abrupt steigende Risikoprämien könnten das deutsche Finanzsystem erheblich treffen“, sagte die Vizepräsidentin der Bundesbank, Claudia Buch in Frankfurt.

Durch den seit rund einem Jahrzehnt dauernden Aufschwung hat sich die Kreditwürdigkeit der Unternehmen im Schnitt insgesamt zwar verbessert. Dadurch neigen Banken aber dazu, Kredite leichtfertiger zu vergeben – auch an Unternehmen mit schlechterer Bonität. „Wertberichtigungen und Kreditausfälle könnten daher bei einem unerwarteten Konjunktureinbruch schneller und stärker steigen als bei einer gleichmäßigen Verteilung der Kreditrisiken“, stellt die Bundesbank fest. Diese Risiken seien langsam gestiegen und trügen zur Verwundbarkeit des Finanzsystems bei.

Ein anderes Risiko sehen Bundesbank wie auch die Europäische Zentralbank (EZB) in den anhaltenden Niedrigzinsen. Das erscheint paradox. Denn es ist ja gerade die EZB, die für die Niedrig- und teilweise auch Negativzinsen verantwortlich ist. Der Widerspruch aber lässt sich auflösen: Gesamtwirtschaftlich halten die Notenbanken die Niedrigzinsen für notwendig. Sie nehmen nun aber verstärkt auch deren mögliche schädliche Nebenwirkungen in den Fokus.

Denn durch Null- und Negativzinsen funktioniert ein klassisches Geschäftsmodell von Banken nicht mehr: Sich Geld billig zu leihen und in Form von höher verzinsten Krediten wieder zu verleihen. Das schmälert die Gewinnaussichten der Banken und kann auf längere auf lange Sicht auch zur Destabilisierung des Banken- und Finanzsystems beitragen.

Auch das Problem möglicher Blasen an den Märkten sehen die Finanzaufseher als ein zunehmendes Risiko. Durch die günstige Finanzierung im Nullzinsumfeld und den Mangel an lukrativen Anlagealternativen steigen in bestimmten Bereichen der Finanzmärkte nämlich die Preise. „Die Marktteilnehmer erwarten im Moment, dass die Zinsen lange niedrig bleiben“, stellt Claudia Buch fest. „Das stützt natürlich die vergleichsweise hohen Bewertungen an den Aktienmärkten, Anleihemärkten und bei den Immobilien.“

Schließlich enthält der Stabilitätsbericht in diesem Jahr auch eine Premiere. Dem Klimawandel wird erstmal ein Kapitel gewidmet. Dabei ist der Befund allerdings einigermaßen ernüchternd. Denn nach Ansicht der Bankenaufseher in Frankfurt haben die meisten Banken  die Risiken des Klimawandels bislang nicht – oder nur unzureichend – in ihre Risikokalkulation aufgenommen. „Aktuell plant nur ein geringer Anteil der Institute, ihr Risikomanagement um Klimarisiken zu erweitern. Hier besteht Nachholbedarf“, sagte Joachim Wuermeling, Bundesbank-Vorstand für Bankenaufsicht.

Grundsätzlich ergeben sich durch den Klimawandel zwei Arten von Risiken für das Banken- und Finanzsystem: Zum einen die Risiken, die sich durch den tatsächlichen Klimawandel ergeben. Wenn beispielsweise extreme Wetterlagen sich in bestimmten Wirtschaftsbereichen auswirken.

Zum anderen ergeben sich aber auch Risiken, wenn Staaten und Wirtschaft zunehmend den CO2-Ausstoßes begrenzen müssen. Denn dadurch werden beispielsweise fossile Energieträger an Bedeutung verlieren, stattdessen werden zukunftsfähige Technologien und regenerative Energien auf den Markt kommen. Diese Verschiebung wiederum kann nach Einschätzung der Experten bestehende Kredite und Investitionen gefährden.

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