Mobilfunkgipfel in Berlin Kampf dem Funkloch

Berlin · Mobilfunkgipfel in Berlin: Die drei Konzerne Deutsche Telekom, Telefonica (O2) und Vodafone sagen zu, bis Ende 2020 rund 99 Prozent der bundesdeutschen Haushalte mit Mobilfunk zu versorgen. Die bisherige Verpflichtung besagt: 98 Prozent bis Anfang 2020.

 Schlechter Empfang ist nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich, wenn Notdienste nicht mehr erreichbar sind.

Schlechter Empfang ist nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich, wenn Notdienste nicht mehr erreichbar sind.

Foto: picture alliance / Inga Kjer/dpa

Der Sprecher der Deutschen Telekom ist er sehr schlecht zu verstehen. Dann bricht die Leitung ab. Funkloch. Er ist in Brandenburg unterwegs, auf dem Land. Vor dem heutigen Mobilfunkgipfel von Bundesverkehrs- und Digitalminister Andreas Scheuer (CSU) stellte das Bonner Unternehmen dort noch schnell zwei neue Funkmasten auf, damit 360 Dorfbewohner die Handy-Steinzeit hinter sich lassen. Darum ging es auch bei der Konferenz in Berlin am Donnerstag: verlässliches Telefonieren und Datenübertragen per Mobilfunk.

Was wurde beschlossen?

Die drei Konzerne Deutsche Telekom, Telefonica (O2) und Vodafone sagten zu, bis Ende 2020 rund 99 Prozent der bundesdeutschen Haushalte mit Mobilfunk zu versorgen. Davon könnte bis zu einer halben Million Haushalte zusätzlich profitieren. Die bisherige Verpflichtung besagt: 98 Prozent bis Anfang 2020. 1 000 Gebiete zusätzlich, in denen Smartphones heute meist „kein Netz“ anzeigen, sollen schnelle Datenübertragung (4G) bekommen.

Es ist eine Zusage der Unternehmen gegenüber Minister Scheuer, keine Verpflichtung. „Das war wieder einmal eine Showrunde, um davon abzulenken, dass nichts passiert. Der Verkehrsminister hat keine wirklichen Druckmittel, um die Netzbetreiber an die Kandare zu nehmen“, kritisierte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.

Die komplette Abdeckung aller Haushalte auch in dünn besiedelten Gegenden sei allerdings nicht machbar, sagte Telekom-Chef Timotheus Höttges – zu teuer. Etwa eine halbe Million Haushalte bleiben draußen. Damit es bei 4G schneller geht, will Scheuer den Anbietern bei der künftigen Auktion neuer Frequenzen für superschnellen Datenverkehr (5G) entgegenkommen. So sollen diese erst später, nach der Zuteilung bezahlt werden. Der Minister sprach von einer Milliarde Euro, mit der man die Konzerne entlaste.

Wie ist die Lage heute?

Dunkelblau heben sich die Gebiete, in denen weniger als zehn Prozent der Haushalte die schnelle 4G-Datenkommunikation nutzen können, auf der gelben Deutschlandkarte aus dem BMVI ab. Sie liegen beispielsweise an der Neiße südlich von Görlitz, im Harz, nördlich von Paderborn, im Sauerland, im Rheingau, im Odenwald oder im Schwarzwald. Während man entlang der Bundesautobahnen fast überall mobil telefonieren kann, funktioniert mobile Datentransfer nur an 72 bis 96 Prozent der Strecken. Kunden von Telefonica und Vodafone sind oft schlechter dran als die Nutzer der Telekom. Schon entlang der Bundesstraßen sinkt die Netzabdeckung auf 46 Prozent beim schlechtesten, 88 Prozent beim besten Anbieter, schrieb der Beirat der Bundesnetzagentur in seinem Beschluss von Ende Juni. Seine Zahlen zur Netzabdeckung liegen unter den Angaben der Konzerne.

Warum ist das ein Problem?

Will man mit Freunden telefonieren oder den Liveticker zur Weltmeisterschaft auf das Smartphone laden, und es klappt nicht, so ist das einfach nur ärgerlich. Wenn allerdings die Feuerwehr wegen des schlechten Netzes nicht kommunizieren kann oder der Notarzt nicht erreichbar ist, wird es bedrohlich. Und ökonomisch betrachtet hängt ein Teil des Wohlstandes daran, dass immer größere Datenmengen, die mobile Geräte senden und empfangen, schnell weitergeleitet werden. Man denke an autonom fahrende Autos. Soll diese Art des modernen Verkehrs irgendwann mal funktionieren, braucht die Bundesrepublik ein lückenlos Mobilfunk.

Eine Lösung?

Die Mobilfunk-Konzerne bauen neue Funkmasten und flicken alle Netzlöcher. Das jedoch ist teuer und rentiert sich oft nicht. Denn auf dem Land wohnen wenige Nutzer. Deren geringe Nutzungsgebühren finanzieren mitunter nicht die hohen Investitionen. Eine andere Variante wäre das „nationale Roaming“. Einfach gesagt: Beispielsweise Telefonica baut einen Mast mit Antennen, die Telekom und Vodafone leiten die Telefonate und Datenkommunikation ihrer Kunden über diese Geräte. Die Kosten könnten sich die Betreiber teilen. Die Betreiber lehnen das Roaming derzeit aber ab.

Besteht Hoffnung, dass es künftig besser wird?

Im kommenden Frühjahr will die Netzagentur neue Frequenzen für die superschnellen 5G-Dienste versteigern. Noch 2018 wird sie die Bedingungen festlegen, die die Bewerber erfüllen müssen. Der Beirat der Netzagentur empfiehlt zu prüfen, ob das Roaming vorgeschrieben werden kann.

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