Vor Jahrestagung IWF-Chefin Lagarde: Es nieselt, aber schüttet noch nicht

Washington · Der Weltwirtschaft ging es die vergangenen Jahre gut: Doch der Weltwährungsfonds sieht Gefahren heraufziehen. IWF-Chefin Lagarde warnt vor umschlagendem Wetter.

 Christine Lagarde, Direktorin des IWF, sieht vor allem in der Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump ein großes Risiko.

Christine Lagarde, Direktorin des IWF, sieht vor allem in der Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump ein großes Risiko.

Foto: Andres Kudacki/AP

In der noch immer boomenden Weltwirtschaft könnte das Wetter bald umschlagen: Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht durch Abschottung beim Handel, hohe Schulden und verloren gegangenes Vertrauen Risiken heraufziehen.

Viele Länder hätten Probleme, ihr Versprechen von größerem Wohlstand einzulösen, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde in Washington.

Einige der Risiken, die der IWF in seinen zurückliegenden Wirtschaftsprognosen skizziert habe, seien im Begriff einzutreten. "Es schüttet noch nicht, aber es nieselt schon ein bisschen", sagte Lagarde, die in einer früheren Rede die Politiker in aller Welt aufgefordert hatte, sie sollten "das Dach reparieren, solange die Sonne scheint."

Die Weltwirtschaft werde nicht mehr ganz auf dem noch im Juli prognostizierten Niveau von 3,9 Prozent wachsen, sagte Lagarde. Es bedürfe jetzt klarer politischer Entscheidungen. "Wir müssen steuern, nicht uns treiben lassen", betonte Lagarde. Sie untermauerte ihre Position, dass die von US-Präsident Donald Trump eingeschlagene Abschottungspolitik nicht zielführend sei.

"Wir müssen uns darauf konzentrieren, was der Welthandel in den vergangenen 30 Jahren geschaffen hat", sagte Lagarde, etwa für die Vergünstigung von Gütern und die Anhebung der Produktivität. "Wenn die Handelskonflikte weiter eskalieren, können sie zu einem Schock für eine größere Zahl von Entwicklungs- und Schwellenländern führen", betonte die Französin. Diese seien ohnehin durch eine häufig hohe Verschuldung im stärker werdenden Dollar und durch Kapitalabflüsse durch höhere Zinsen in Industrieländern unter Druck.

Lagarde trat für eine Modernisierung des weltweiten Handelssystems ein, nicht für eine Zerschlagung. Gleichzeitig müsse aber gewährleistet werden, dass noch mehr Menschen die Früchte des Welthandels ernten können. Bisher sei dies nur zum Teil gelungen - so sei der Anteil der Weltbevölkerung, die in extremer Armut leben müsse, auf deutlich unter zehn Prozent gedrückt worden.

Der IWF stellt seinen Weltwirtschaftsbericht mit seiner Prognose für das weltweite Wachstum in der kommenden Woche in Indonesien vor. Anschließend kommen Weltbank und IWF zu ihrer Jahrestagung zusammen. Dem IWF gehören 189 Länder der Welt als Mitglieder an.

Lagarde sieht vor allem in der Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump ein großes Risiko. "Bisher wachsen die USA stark, gestützt durch eine prozyklische wirtschaftspolitische Expansion und noch immer lockere finanziellen Bedingungen", sage Lagarde. Das könne aber zum Risiko werden.

Ein weiteres Problem sieht Lagarde im hohen Schuldenstand vieler Länder und Unternehmen. Die Schulden von privater und öffentlicher Hand seien weltweit auf 182 Billionen Dollar gestiegen - 60 Prozent mehr als vor der Finanzkrise im Jahr 2007.

Zeichen für gebremstes Wachstum gebe es auch bereits in der Eurozone und in gewissem Umfang in Japan. "Wir sehen Indikatoren für moderateres Wachstum in China", sagte Lagarde zudem. "Das wird durch die Handelsstreitigkeiten verschärft", betonte sie mit Blick auf den Handelskrieg zwischen China und den USA.

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