Höhenflug des Euros Investoren flüchten in sichere Anlagen

FRANKFURT · Der Euro geht weiter auf Höhenflug und knackt die Marke von 1,20 US-Dollar. Auch Gold, Franken und Yen sind nach nordkoreanischem Raketentest gefragt.

 Ein zu starker Euro würde der EZB Sorge bereiten.

Ein zu starker Euro würde der EZB Sorge bereiten.

Foto: dpa

Der Euro geht weiter auf Höhenflug. Am Dienstag durchbrach er zum ersten Mal seit Januar 2015 die für Börsianer psychologisch wichtige Marke von 1,20 US-Dollar – und stieg danach noch weiter bis auf 1,2070 Dollar. Anlass für das kräftige Anziehen der europäischen Gemeinschaftswährung war der Abschuss einer Rakete aus Nordkorea, die über Japan hinwegflog. Anleger fürchten deshalb eine Verschärfung der Nordkorea-Krise und sorgen sich um die Reaktion des amerikanischen Präsidenten Donald Trump.

Die Flucht in sichere Anlagen zeigte sich auch beim Gold: Der Preis für die Feinunze stieg in der Spitze auf 1325,83 Dollar, das waren fast 14 Dollar mehr als am Montag. Aus Aktien zogen sich Investoren aus Angst vor einer militärischen Krise zurück, sichere Staatsanleihen waren gefragt, ebenso der als Krisenwährung geltende japanische Yen oder der Schweizer Franken gegenüber dem Dollar.

Es ist aber nicht nur die neuerliche Provokation des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un, die den Euro stützten. „Janet, Mario und Harvey waren es, die die Devisenmärkte durchgeschüttelt haben“, begründet DZ-Bank-Analystin Dorothea Huttanus den jüngsten Trend an den Devisenmärkten: Janet Yellen, Präsidentin der amerikanischen Notenbank Fed und auch EZB-Chef Mario Draghi hatten sich am Wochenende beim Notenbankertreffen im amerikanischen Jackson Hole nicht zur weiteren geldpolitischen Entwicklung geäußert.

Trumps Amtszeit hatte den Dollar gestärkt

Das Schweigen der Fed-Chefin deuteten die Märkte als möglichen Verzicht auf eine weitere Zinserhöhung, die eigentlich für dieses Jahr noch geplant war. Das drückte den Dollar, weil das auf eine schwächere Konjunkturentwicklung in den USA hindeutet. Draghis Schweigen aber interpretierten die Investoren eher in einer anderen Richtung: „Es kann noch etwas passieren in diesem Herbst“, vermutet etwa Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba. Der Tropensturm Harvey und die folgenden Überschwemmungen könnten zudem kurzfristig zu Engpässen in der Energieversorgung der USA führen, das sei ein weiterer Grund für die Dollarschwäche, glaubt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-Diba.

Tatsächlich ist der Wechselkurs des Euro zum Dollar wieder eine Mischung aus Dollarschwäche und tatsächlicher Stärke der europäischen Gemeinschaftswährung. Denn viele Börsianer trauen dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump nicht mehr zu, dass er seine wirtschaftspolitischen Reformen auf den Weg bringen kann. Die hatten zu Beginn von Trumps Amtszeit den Dollar gestärkt. So war der Euro zu Jahresbeginn auf ein 14-Jahrestief von 1,0342 Dollar gesunken, mehrere Ökonomen hatten schon mit einer Parität zum Dollar im weiteren Jahresverlauf gerechnet. Nun zeigt sich der Dollar schwach, das stärkt den Euro.

Dessen Höhenflug hat aber auch fundamentale Gründe: Die Konjunktur im Euroraum zieht an, nach der Präsidentschaftswahl in Frankreich sorgen sich die Finanzmärkte auch nicht mehr um ein Auseinanderbrechen des Euroraums so wie noch im Frühjahr.

Nun sind die Börsianer gespannt, wie lange die EZB dem Höhenflug des Euro zusieht. Ein „Überschießen“ der Gemeinschaftswährung würde dem EZB-Rat Sorgen bereiten, das war dem Protokoll von dessen letzter Sitzung zu entnehmen.

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