Steuern in der EU Internetriesen sollen mehr zahlen

Brüssel · Brüssel will Unternehmen in der Europäischen Union stärker besteuern - im Visier sind die US-Konzerne. Ein entsprechender Vorschlag wird bereits von Kommission, Mitgliedstaaten und Europäischem Parlament beraten.

 Googles neues Entwicklungszentrum in München: Internet-Unternehmen sollen dort ihre Steuern zahlen, wo sie Geld verdienen.

Googles neues Entwicklungszentrum in München: Internet-Unternehmen sollen dort ihre Steuern zahlen, wo sie Geld verdienen.

Foto: picture alliance / dpa

Es sind Beispiele wie diese, die die Finanzminister der EU und die Brüsseler Kommission aus der Haut fahren lassen: Europäische Verbraucher zahlen Beiträge an eine Online-Plattform, um von dort Musik oder Videos beziehen zu dürfen. Das Unternehmen hat seinen Sitz in einem Nicht-EU-Staat mit niedrigen Steuern.

Und obwohl es seine Gewinne mit europäischen Kunden macht, zahlt es in den Mitgliedstaaten keine Steuern. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Konzerne dort, wo sie ihre Gewinne machen, auch Abgaben zahlen“, betonte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici gestern in Brüssel, als er den Vorschlag der Juncker-Behörde für ein neues Steuersystem der digitalen Wirtschaft präsentierte.

Wie nötig das ist, belegte die Kommission mit drastischen Zahlen. Demnach beträgt die durchschnittliche Steuerlast für Betriebe mit herkömmlichem Geschäftsmodell innerhalb der Gemeinschaft rund 23,2 Prozent. Internet-Unternehmen aber bezahlen höchstens die Hälfte, viele sogar noch deutlich weniger.

Die Situation werde, so die EU-Verwaltung, noch dadurch verschärft, dass die Zuwachsraten der Firmen mit „Bodenhaftung“ in den zurückliegenden Jahren im Schnitt ein Prozent betrugen, während die Top Fünf der digitalen Branche um bis zu 32 Prozent zulegten. Moscovici: „Die Unternehmen streichen hohe Gewinne bei ihren Millionen Kunden ein, auch wenn sie physisch nicht in der EU präsent sind. Wir wollen jetzt Ausgleichsbedingungen schaffen.“

Dabei versteht sich die Union als globaler Vorreiter und „dringt auf eine umfassende Überarbeitung der Steuervorschriften weltweit, um den neuen Gegebenheiten gerecht zu werden“, sagte Kommissionsvize Andrus Ansip am Donnerstag. Doch bisher gibt es wenig brauchbare Konzepte. Auch innerhalb der Gemeinschaft wird noch diskutiert, auf welchem Weg eine „faire, effiziente und zukunftstaugliche“ Besteuerung erreicht werden könne. Vor wenigen Tagen hatte ein Papier der Finanzminister von Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien die Runde gemacht (wir berichteten).

Kommission regt anderen Weg an

Es sieht die Berechnung der Abgaben auf der Grundlage der Umsätze (also nicht der Gewinne) und deren Aufteilung entsprechend den Geschäftsaktivitäten in den jeweiligen Mitgliedstaaten vor. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble brachte es beim Treffen mit seinen Amtskollegen am vergangenen Wochenende in der estnischen Hauptstadt Tallinn ein. Das Echo war verhalten: Lediglich zehn Kassenwarte wollten den Vorstoß mittragen.

Die Kommission regt nun einen anderen Weg an. Sie will die Unternehmen über eine einheitliche Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer einbinden – vereinfacht gesagt eine Einkommensteuer für die Konzerne. Wenn diese in allen EU-Ländern nach den gleichen Kriterien berechnet würde, könnte sie eine faire und gerechte Aufteilung der Abgaben sicherstellen.

Ein entsprechender Vorschlag wird bereits von Kommission, Mitgliedstaaten und Europäischem Parlament beraten. Er müsste nur um Klauseln für die digitale Wirtschaft ergänzt werden. Brüssel drängt auf Klärung: Bereits Ende nächster Woche will sie ihren Vorschlag den Staats- und Regierungschefs unterbreiten und um Zustimmung werben. Denn auf eine globale Lösung, die sich noch Jahre hinziehe, könne niemand warten.

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