"Situation ist äußerst ernst" Handelsstreit: WTO-Chef warnt vor weiterer Eskalation

Genf/Düsseldorf · Der Chef der Welthandelsorganisation (WTO) hat vor gravierenden Folgen durch eine weitere Eskalation des Handelsstreits unter führenden Industriestaaten gewarnt.

 Azevêdo nannte mit Bezug auf die aktuellen Handelskonflikte keine Namen von Ländern.

Azevêdo nannte mit Bezug auf die aktuellen Handelskonflikte keine Namen von Ländern.

Foto: Bernd von Jutrczenka

"Die Situation ist äußerst ernst", schrieb Roberto Azevêdo in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" (Donnerstag).

Seiner Einschätzung nach sind "die ersten Schüsse" in einem Handelskrieg bereits gefallen. "Eine weitere Eskalation hätte erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, würde in allen Ländern Arbeitsplätze und Wachstum gefährden und die Ärmsten am schwersten treffen."

Azevêdo nannte mit Bezug auf die aktuellen Handelskonflikte keine Namen von Ländern. Seine Kritik dürfte sich aber vor allem an die Adressen der Regierungen in den USA und in China richten. Zuletzt hatten die beiden größten Volkswirtschaften weiter an der Eskalationsspirale gedreht. Beide Regierungen hatten mehrfach neue Zölle auf Waren des jeweils anderen Landes angekündigt.

Die Kritik des WTO-Chefs an der zugespitzten Lage beschränkt sich aber nicht auf einzelne Länder. "Es liegt in der Verantwortung der gesamten internationalen Gemeinschaft, zur Lösung dieser Probleme beizutragen", schrieb Azevêdo. Und: "Schweigen könnte sich als ebenso schädlich erweisen wie das Ergreifen von Maßnahmen, die zu einem Handelskrieg führen könnten."

Der WTO-Chef schlägt noch an einer anderen Stelle Alarm. Seiner Einschätzung nach ist eine der wesentlichen Funktionen der WTO akut bedroht: das Schlichten von Streit in Handelsfragen. Konkret geht es um das Ernennungsverfahren für Mitglieder des sogenannten Berufungsgremiums. Dies ist eine Juristengruppe, die in Verfahren der Streitschlichtung über die Rechtsmittel entscheidet.

"Da die Amtszeit der Gremienmitglieder sich dem Ende zuneigt, wird das Berufungsgremium bald nicht mehr ausreichend besetzt sein, um beschlussfähig zu bleiben", warnte Azevêdo. Das Ernennungsverfahren werde aufgrund der von den USA vorgebrachten Bedenken bezüglich der Entscheide und Verfahrensweisen des Gremiums blockiert.

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