Aktien-Crash an US-Börse Finanzmärkte in Panik: Das jähe Ende der Trump-Rally?

New York/Washington · Ausnahmezustand an der Wall Street: Am "dunkelgrauen" Montag erlebt die US-Börse einen handfesten Aktien-Crash. Auch international geht es bergab. Das ist eine Lektion für US-Präsident Trump, der die bisherigen Rekordhochs als sein persönliches Verdienst verkaufte.

 Ein Händler beobachtet in einer Maklerfirma in Peking die Aktienkurse.

Ein Händler beobachtet in einer Maklerfirma in Peking die Aktienkurse.

Foto: Mark Schiefelbein/AP

Die Börse zählt zu den Lieblingsthemen von Donald Trump - kein Wunder, seine Präsidentschaft war bislang von steten Kursanstiegen begleitet. "Der Aktienmarkt hat einen Rekord nach dem anderen geknackt", stolz zog Trump jüngst eine Zwischenbilanz seiner Amtszeit.

Sein erstes Jahr habe acht Billionen an Börsenwert geschaffen, von dem alle Amerikaner profitierten. Am Montag dann aber das böse Erwachen: Der US-Aktienmarkt stürzt ab und zieht die internationalen Börsen mit. Ist die Trump-Rally vorbei?

Drei Uhr nachmittags Ortszeit, New York, es herrscht Ausnahmezustand an der Wall Street. Der US-Leitindex Dow Jones büßt innerhalb von 15 Minuten mehr als 800 Punkte ein. In der Spitze verliert er am Montag fast 1600 Punkte - soviel wie nie zuvor an einem Tag. Am Ende geht es glimpflicher aus, der Dow schließt rund 1100 Punkte schwächer, was einem Rückgang um 4,6 Prozent entspricht. Zuletzt ging es 2011 so bergab. "Das, was heute passiert, darf als Crash bezeichnet werden", sagt Experte Thomas Altmann vom Investmenthaus QC Partners.

Die Nervosität erfasst auch die internationalen Börsen. In Japan sackt der Nikkei-Index für 225 führende Werte am Dienstag in den ersten 15 Handelsminuten um fast 1000 Punkte ab. Auch in China, Hongkong und Australien gibt es deutliche Kursverluste. Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben angesichts der Turbulenzen endgültig kalte Füße bekommen. Zwar blieb der befürchtete freie Fall aus. Der deutsche Leitindex Dax beschleunigte seine jüngste Talfahrt aber und schloss am Dienstag 2,32 Prozent tiefer mit 12 392,66 Punkten.

In den USA scheint der Abwärtstrend am Dienstag zunächst anzuhalten, der Dow gibt zum Start weitere rund 500 Punkte ab. Dann setzt jedoch eine Gegenbewegung ein und der Index kämpft sich leicht ins Plus. Der Handel an der Wall Street bleibt jedoch nervös und schwankungsreich.

Händler und Analysten tun sich zunächst schwer, die genauen Gründe zu benennen. "Viele Anleger sind in regelrechte Panik verfallen", meint Altmann. "Grund ist ein Mix aus zuvor überteuerten Kursen in den USA, einer zu großen Euphorie und plötzlich steigenden Zinsen", sagt Daniel Saurenz vom Analysehaus Feingold Research. In Anlehnung an den "Black Monday" genannten Börsen-Crash von 1987 - damals war der Dow um 23 Prozent gefallen - spricht er von einem "dunkelgrauen Montag".

Bereits am Freitag hatte der US-Arbeitsmarktbericht die Stimmung der Anleger kippen lassen. Das trotz boomender Wirtschaft bislang verhaltene Lohnwachstum fiel stärker als erwartet aus, was einerseits schön für die Amerikaner ist, andererseits aber die Inflation in Gang bringen könnte. Das würde die Notenbank zwingen, die Leitzinsen schneller als bisher geplant zu erhöhen, um die Preissteigerung zu dämpfen. Steigende Zinsen wiederum gefallen Investoren nicht - sie verteuern Geld und Kredite und hemmen so das Wachstum.

Doch taugt diese "Zinsangst" allein als Erklärung für den Absturz? "Natürlich werden bei diesem Kollaps wieder viele Fragen zum automatisierten Handel aufgeworfen", sagt Craig Erlam vom Online-Broker Oanda. Ein Großteil der Finanzmärkte ist inzwischen durch Computer-Programme gesteuert und quasi auf Autopilot. Werden bestimmte Kursmarken durchbrochen, werfen die "Algo-Trader" weitere Papiere auf den Markt und verstärken so den Kursverfall. Das "Flash Crash" genannte Phänomen sieht Erlam auch diesmal am Werk.

Ist die Korrektur mit dem Kurssturz abgeschlossen? Die Finanzprofis halten sich bedeckt. "Die 'Risk-Off'-Stimmung könnte anhalten", sagt Win Thin vom Geldhaus Brown Brothers Harriman. Fest steht: Präsident Trump würde die Angeberei über "seinen" Aktien-Aufschwung dann schmerzhaft auf die Füße fallen. Denn er hat die steigenden Aktien bislang stets voll und ganz als sein eigenes Werk und als Gradmesser für seine politische Leistung verkauft. Die Börsenkurse seien seine eigentlichen Meinungsumfragen, argumentierte er: "Sie sehen ja, was mit den Aktienmärkten passiert. Die Leute erkennen an, was wir tun."

Tatsächlich konnte jeder, der unter Wirtschaft nicht nur die Eckkneipe nebenan versteht, sich an drei Fingern abzählen: Ein Präsident, der ein Jahr im Amt ist, kann solche Ausschläge nicht bewirkt haben. Eine Steuerreform, die erst ein paar Wochen alt ist, kann die Werte der US-Unternehmen nicht wie von Zauberhand um acht Billionen Dollar steigern. Dass Trump die Kursrally als persönliches Verdienst ansieht, könnte nun zum Bumerang werden. "Wenn Du den Anstieg für Dich reklamierst, gehört Dir auch der Fall", schrieb Barack Obamas Berater Jay Carney am Montag auf Twitter.

Zudem sei der Aktienmarkt ohnehin nicht mit dem Zustand der Wirtschaft gleichzusetzen. Deshalb sei in der vorigen Regierung auch nie mit den Aktienmärkten geprahlt worden, so Carney. Doch auch die Töne aus dem Weißen Haus fielen am Montag plötzlich ungewohnt sachlich aus. Der Fokus liege auf den langfristigen wirtschaftlichen Fundamentaldaten, die weiterhin "außergewöhnlich stark" seien, sagte Sprecherin Sarah Sanders. Auch Trump selbst verkniff sich Verbalgetöse, wie stark seine Politik auf die Finanzmärkte eingewirkt habe, diesmal weitgehend. Bei einer Rede in Ohio sprach der Präsident nur noch über Steuern und ließ Anhänger aufsagen, was sie alles mit den Ersparnissen, die er ihnen gebracht habe, anstellen wollen.

Möglicherweise ist Trump sogar mehr für die Kurskorrektur an den Börsen, als für ihren Anstieg verantwortlich. Ein Grund für die Angst vor höherer Inflation und schnell steigenden Zinsen ist seine Steuerreform, die die Wirtschaft in Zeiten von Vollbeschäftigung und brummender Konjunktur noch weiter befeuern soll. Und erst jüngst hatte Trump auf einen starken Dollar gepocht. Auch dies müsste wohl durch steigende Zinsen eingelöst werden. Das könnte vor allem für Jerome Powell, Trumps neuen Mann an der Spitze der US-Notenbank, zur Herausforderung werden. Am Montag übernahm er den Job von der als extrem vorsichtig geltenden Janet Yellen. "So dürfte er sich seinen Amtsantritt nicht vorgestellt haben", sagt Experte Erlam.

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