Landwirtschaft Fällt das Genmais-Verbot?

Brüssel/Luxemburg · Der Dauerstreit um die Zulassung von Genmais spitzt sich weiter zu. Ein Fall aus Italien könnte Konsequenzen für deutsche Landwirte haben.

 Ein Bauer in Mecklenburg-Vorpommern erntet gentechnisch veränderten Mais. FOTO: DPA

Ein Bauer in Mecklenburg-Vorpommern erntet gentechnisch veränderten Mais. FOTO: DPA

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Während sich die Vertreter der Mitgliedstaaten in den vergangenen Monaten bei mehreren Sitzungen nicht auf eine klare Aussage einigen konnten, ob die Zulassung verlängert werden soll oder nicht, funkt nun auch noch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mit einem aufsehenerregenden Verfahren dazwischen. Den Juristen liegt ein Fall aus Italien vor, der weitreichende Auswirkungen auf Deutschland haben könnte. In dem Land hatte ein Bauer entgegen eines staatlichen Anbau-Verbotes die gentechnisch veränderte Maissorte MON 810 des US-Herstellers Monsanto ausgebracht. Daraufhin leiteten die örtlichen Behörden ein Strafverfahren gegen den Landwirt ein.

Am Donnerstag legte der für den Prozess zuständige Generalanwalt Michal Bobek sein Gutachten vor, dem die Richter in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auch mit ihrem Urteil folgen. Bobeks Position ist eindeutig: Die Mitgliedstaten dürfen den Anbau nur dann verbieten, wenn sie nachweisen können, dass „ein offensichtliches und ernstes Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier wahrscheinlich“ ist.

Eine entsprechende Regelung enthält die EU-Richtlinie in Artikel 34. Das Recht der Mitgliedstaaten, ein Verbot auszusprechen, sieht Bobek in der Zuständigkeit der Regierung begründet, „Sofortmaßnahmen zu treffen, um Risiken für die menschliche Gesundheit zu vermeiden, die aufgrund wissenschaftlicher Unsicherheiten noch nicht vollständig erkannt oder nachvollzogen worden sind“. Da der europäische Gesetzgeber aber in diesem Artikel ausdrücklich festgelegt habe, dass gentechnisch veränderte Produkte „bereits vorher einer wissenschaftlichen Bewertung unterzogen wurden“, müsse ein EU-Mitgliedstaat entsprechend belastbare Begründungen für ein Abweichen von der EU-Zulassung vorbringen.

Die Rechtslage ist kompliziert. 19 der 28 EU-Regierungen haben für ihren Hoheitsbereich die grundsätzliche Anbauerlaubnis der Union außer Kraft gesetzt. In Deutschland wird Genmais nur zu Forschungszwecken angebaut. Um das zu vermeiden, können die Behörden den Hersteller bitten, das eigene Gebiet von der Zulassung auszunehmen und auf die Aussaat zu verzichten. Weigert sich das Unternehmen allerdings, müssen die Verwaltungen „zwingende Gründe“ vorlegen, um eine Nutzung zu verhindern. Der Streit ist nicht neu. Schon 2012 hatte Frankreich den Genmais zunächst verboten, musste ihn aber dann nach einem EuGH-Urteil wieder freigeben. Diese Erlaubnis blieb aber nur wenige Wochen in Kraft, bis die Pariser Regierung MON 810 erneut stoppte. Beobachter gehen deshalb davon aus, dass der EuGH seiner früheren Linie treu bleiben wird und am Ende die grundsätzliche Genehmigung aus Brüssel bekräftigen dürfte.

Die letzte Entscheidung liegt bei der EU-Kommission. Sollten sich die Vertreter der Mitgliedstaaten auch weiterhin nicht mit einer deutlichen Mehrheit für oder gegen Genmais entscheiden, trägt die europäische Verwaltung die Last einer Entscheidung. Die will diese Schlüsselrolle allerdings schnellstmöglich wieder loswerden und hat bereits Vorschläge vorgelegt, damit die Mitgliedstaaten ihre Verantwortung nicht länger abschieben können. Wie der Streit am Ende ausgeht, ist derzeit genauso ungewiss wie die Zukunft des Genmaises. (Aktenzeichen: EuGH-Rechtssache C-111/16)

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