Lebensversicherungen Experten für Garantiezins-Senkung

Frankfurt · Bei Lebensversicherungen soll der Garantiezins gesenkt werden. Neukunden müssen ab 2021 mit schlechteren Konditionen rechnen.

 Lebensversicherungen waren immer ein beliebtes Produkt zur Altersvorsorge.

Lebensversicherungen waren immer ein beliebtes Produkt zur Altersvorsorge.

Foto: dpa-tmn/Jens Büttner

Wer künftig eine Lebensversicherung abschließen will, muss sich auf einen niedrigeren Garantiezins einstellen. Die Versicherungsmathematiker der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) empfehlen, diesen Zinssatz von noch 0,9 Prozent auf 0,5 Prozent zu senken. Der gilt nur für Neukunden und das wahrscheinlich von 2021 an.

 Denn die letzte Entscheidung dazu fällt das Bundesfinanzministerium. In der Vergangenheit ist es meist den Empfehlungen gefolgt. Nur 2016 ist es davon abgewichen. Da hatte die DAV nämlich 1,0 Prozent vorgeschlagen, am Ende wurde der Garantiezins auf 0,9 Prozent gesenkt. Dass dieser Zinssatz aber gesenkt wird, das ist wohl gesetzt. Denn am niedrigen Zinsumfeld wird sich mittelfristig nichts ändern. Das ist spätestens seit der Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) im September klar. So wird es für die Versicherer immer schwerer, einen ausreichenden Zins zu erwirtschaften.

Die Branche hofft, dass das Ministerium zügig entscheidet, damit zum Jahreswechsel 2020/2021 die Änderungen wirksam werden könnten. Denn für die Umsetzung dieses neuen Zinses benötige man Zeit, sagte ein Sprecher der deutschen Versicherungswirtschaft. Die neue Tarifgeneration müsse entsprechend neu kalkuliert und in die IT überführt werden.

Der Garantiezins heißt in der Branche jedoch korrekt „Höchstrechnungszinssatz“. Denn er garantiert nicht diesen Zinssatz, sondern er stellt die Höchstgrenze dar. Die Versicherungsgesellschaften können also auch einen geringeren Zinssatz als Grundlage anbieten, den die Kunden auf jeden Fall erhalten. Doch aus Gründen des Wettbewerbs verzichten sie darauf meist. Dieser Höchstrechnungszinssatz wird errechnet aus der Durchschnittsrendite der letzten zehn Jahre, die die sicheren zehnjährigen Staatsanleihen in Europa erbracht haben. Denn die Versicherungen sollen den wirtschaftlich tragen können, weil sie ja langfristig für ihre Kunden deren Kapital verwalten.

Doch auch die Bestandskunden, also diejenigen, die schon eine Police besitzen, spüren die Niedrigzinsen immer deutlicher. Einige, darunter der Marktführer Allianz, haben schon angekündigt, dass sie die laufende Verzinsung für das kommende Jahr senken wollen. Diese laufende Verzinsung errechnet sich aus dem Garantiezins plus der Überschussbeteiligung, dem also, was die Versicherer mit ihrer Anlagestrategie erwirtschaften.

Glück hat, wer noch einen alten Vertrag hat mit einer noch höheren Zinsgarantie. Daran müssen die Versicherungen sich halten. Ausgezahlt wird am Ende der Laufzeit dann die Gesamtverzinsung, zu der zählt neben Garantiezins und Überschussbeteiligung auch der Schlussüberschuss. Diese Gesamtverzinsung liegt bei der Allianz Leben für 2020 bei klassischen Lebens- und Rentenversicherungen bei 3,1 Prozent.

Die neuerliche Absenkung des Höchstrechnungszins für Neukunden dürfte die Lebensversicherung nun noch unattraktiver machen. Das einst bei den sicherheitsbewussten Deutschen so beliebte Produkt sei für die Altersvorsorge nicht mehr geeignet, meinen Verbraucherschützer. Der Grund dafür, so meint etwa Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, seien die hohen Kosten für Vertrieb und Verwaltung des Produkts. Wenn man die nämlich von der Rendite abziehe, dann bleibe eine garantierte Leistung von Null – auch jetzt schon.

Viele Versicherungen sind wegen der niedrigen Zinsen ohnehin dazu übergegangen, mehr Risiko auf die Kunden zu überwälzen und die Garantie weit zurückzufahren. Dazu haben sie verschiedene Produkte entwickelt, die nur den Erhalt der eingezahlten Beträge zusagen – und auch das nicht immer in vollem Umfang. Aber auch das zahle sich für die Sparer kaum aus, meint Nauhauser. Denn in die meisten Produkte fließen die jährlichen Garantien dann doch noch in irgendeiner Form ein. Die Anleger hätten also trotz des höheren Risikos kaum Chancen, tatsächlich ihr Vermögen zu vermehren.

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