Abkommen mit Japan Europas größtes Freihandelsprojekt steht

Straßburg · Das EU-Parlament billigt ein Abkommen mit Japan. Danach sollen Zölle in Höhe von einer Milliarde Euro wegfallen.

 Intensive Handelsbeziehungen: Mitarbeiter des japanischen Elektronikkonzerns Panasonic arbeiten in einem Fabrikgebäude.

Intensive Handelsbeziehungen: Mitarbeiter des japanischen Elektronikkonzerns Panasonic arbeiten in einem Fabrikgebäude.

Foto: picture alliance/dpa

Cecilia Malmström bedankte sich überschwänglich bei den Abgeordneten des Europäischen Parlamentes. „Jefta, das Freihandelsabkommen mit Japan, wird große Vorteile für unsere Unternehmen, unsere Landwirte, unsere Dienstleister und die Verbraucher bringen“, sagte die Handelskommissarin der EU, nachdem das Europäische Parlament in Straßburg dem Vertrag am Mittwoch zugestimmt hatte. 127 Millionen Menschen in Japan und über 500 Millionen Bürger in den 28 Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sollen vom schrittweisen Wegfall der Zölle und den neuen Industriestandards profitieren.

Die fernöstliche Insel ist mit einem Handelsvolumen von 129 Milliarden Euro im Jahr der sechstwichtigste Partner der EU. 69 Milliarden erwirtschaften die Japaner durch Exporte nach Europa, 60 Milliarden die Europäer durch Ausfuhren auf die Insel. Nach Angaben der EU-Kommission werden vor allem kleine und mittelständische Betriebe in der Gemeinschaft, die zu 78 Prozent den Export von Europa nach Japan stellen, in den Genuss kommen, rund eine Milliarde Euro pro Jahr weniger für Zölle ausgeben zu müssen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach von einem „neuen Level der Partnerschaft“ zwischen Brüssel und Tokio.

Zollfreier Handel für Käse und einheitliche Standards beim Autobau

Und tatsächlich klingen die Beispiele vielversprechend. Käse, der derzeit mit Abgaben in Höhe von 30 Prozent belegt ist, wird ebenso zollfrei gehandelt werden können wie Wein (bisher 15 Prozent). Für über 200 traditionelle Qualitätsprodukte bleibt der Schutz, den diese innerhalb der Gemeinschaft haben, auch im Exportgeschäft mit Japan erhalten. Industriestandards wie beispielsweise beim Autobau werden vereinheitlicht. Wenn am 21. Dezember die Handelsminister der Mitgliedstaaten zustimmen (woran kein Zweifel besteht), können die Bestimmungen am 1. Februar 2019 in Kraft treten.

Dabei sind es keineswegs die Zollfragen oder die Industriestandards, die von den Handelsexperten des Parlamentes gelobt werden. „Die Antworten des Abgeordnetenhauses auf die Herausforderungen der Globalisierung sind die Zusammenarbeit und die Festlegung von Normen auf globaler Ebene“, sagte Bernd Lange (SPD), Chef des Handelsausschusses. „Erstmals wurden die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens in einem solchen Vertrag verankert“, betonte die Fachfrau der CDU/CSU-Gruppe im Parlament, Godelieve Quisthoudt-Rowohl. Außerdem gebe es „erstmals“ eine gemeinsame Forschungsförderung sowie hohe Standards beim Umweltschutz und für Arbeitnehmer.

Privatisierung der Trinkwasserversorgung ist möglich

Dennoch verstummt die Kritik am jüngsten Freihandelsprojekt der EU nicht. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärte gestern, „Jefta ist von einem fairen Handelsabkommen meilenweit entfernt“. Der Vertrag werde vor allem „den Interessen der großen Konzerne gerecht, gefährdet aber gleichzeitig die kleinbäuerliche Landwirtschaft“.

Die Handelspolitiker des Parlamentes halten dagegen. Es seien gerade die Bauern, die von den Erleichterungen des Vertrages profitieren würden. Außerdem sei es gelungen, das europäische Vorsorgeprinzip beim Verbraucherschutz zu erhalten. Es sieht vor, dass ein Produkt verboten werden kann, wenn seine schädigende Wirkung vorab absehbar ist – für Japan Neuland. Erst in letzter Minute erklärte sich Tokio darüber hinaus bereit, das öffentliche Beschaffungswesen für europäische Anbieter zu öffnen.

Unruhe hatte es im Vorfeld gegeben, weil Ängste vor einer Privatisierung der öffentlichen Trinkwasserversorgung laut geworden waren. „Richtig ist, dass diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist“, bestätigte Quisthodt-Rowohl. Allerdings bleibe ein solcher Schritt alleine in der Verantwortung der hiesigen Kommunen. Sollten diese die Trinkwasserversorgung liberalisieren wollen, könnten sie dies tun – und auch wieder kündigen. Von einem Zwang „kann keine Rede sein“.

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