Geldpolitik Europäische Zentralbank hält Leitzins auf historischem Tief

Frankfurt · Die Europäische Zentralbank bleibt dabei: Das Ende der Anleihekäufe ist frühestens Ende des Jahres angepeilt. Darüber hinaus sollen die Leitzinsen noch mindestens bis kommenden Sommer bei null Prozent bleiben.

 Einige Beobachter sehen Mario Draghis Festhalten an der Nullzins-Politik kritisch.

Einige Beobachter sehen Mario Draghis Festhalten an der Nullzins-Politik kritisch.

Foto: dpa

Natürlich hält sich Mario Draghi als Notenbankchef diplomatisch zurück, wenn es um aktuelle politische Fragen geht. Auf der EZB-Pressekonferenz einen Tag nach dem Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Kommissionschef Jean-Claude Juncker aber zeigte Draghi sich dann doch etwas erleichtert. „Es ist ein gutes Zeichen. Denn es zeigt, dass es einen Willen gibt, Handelsfragen wieder in einem multilateralen Rahmen zu besprechen“. Darüber hinaus sei es aber schwierig, etwas zu dem Thema zu sagen, weil man nichts Substanzielles, eben keine Details kenne.

Details gab es dafür mit Blick auf die Geldpolitik der Zentralbank. Die wird noch eine Weile expansiv bleiben, es wird also weiter viel Geld in den Wirtschaftskreislauf fließen. Zwar schätzt die EZB die Wirtschaft im Euroraum als robust ein. Allerdings sieht sie sich noch entfernt von ihrem eigentlichen Ziel: einer Inflationsrate von knapp zwei Prozent. Genau genommen will die EZB eine Kerninflationsrate von fast zwei Prozent erreichen; das ist der Warenkorb an Preisen, aus dem schwankungsanfällige Dinge wie Energie heraus gerechnet sind. Denn durch die gestiegenen Ölpreise – seit einem Jahr haben sie sich fast verdoppelt – liegt die Inflation in der Eurozone bereits bei zwei Prozent. Ohne Energie liegt die Kerninflation bei nur rund einem Prozent.

Deswegen tritt die Zentralbank bei ihren Maßnahmen zur Unterstützung des Geldflusses nur zögerlich auf die Bremse. Wie im Juni angekündigt, werden die Anleihekäufe im Euroraum mindestens bis Ende September mit einem Volumen in Höhe von monatlich 30 Milliarden Euro weitergehen. Danach sollen sie auf 15 Milliarden Euro reduziert bis Ende des Jahres weiter gehen. Darüber hinaus behält die Notenbank die Zinsen auf ihrem historischen Tief von null Prozent, und zwar noch mindestens bis zum Sommer 2019. Konkretere Angaben zum Zeitpunkt einer möglichen Zinserhöhung ließ sich Draghi nicht entlocken.

Viele Beobachter sehen das mittlerweile kritisch. „Ich glaube schon, dass die aktuelle Wirtschaftslage so gut ist und ein Anlass wäre, die Zinsen zu erhöhen“, sagte etwa der Chefvolkswirt der Allianz, Michael Heise. Vermutlich werden die obersten Währungshüter vor dem Anheben der Leitzinsen noch einen anderen Schritt tun: die Strafzinsen für Banken zu reduzieren oder abzuschaffen. Denn wenn Banken aktuell Geld bei der Zentralbank deponieren, müssen sie dafür quasi einen Strafzins von 0,4 Prozent bezahlen. Damit will die EZB die Banken schon dazu anhalten, das Geld lieber in Form von Krediten auszureichen, das über Investitionen dann der Konjunktur im Euroland zu Gute kommt und die Inflation anheizt.

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