Kartellverfahren EU-Kommission setzt auf Zusagen von Gazprom

Brüssel · Der russische Staatskonzern Gazprom hat erhebliche Marktmacht in Osteuropa. Nun macht er der EU-Kommission Zugeständnisse und kann so wohl milliardenschwere Bußgelder abwenden - wenn die Betroffenen mitspielen.

 Die EU-Kommission will ihr vor zwei Jahren gegen Gazprom eröffnetes Kartellverfahren nach Zusagen des russischen Staatskonzerns einstellen.

Die EU-Kommission will ihr vor zwei Jahren gegen Gazprom eröffnetes Kartellverfahren nach Zusagen des russischen Staatskonzerns einstellen.

Foto: Virginia Mayo

Im Kartellverfahren gegen Gazprom wegen Abschottung osteuropäischer Märkte setzt die EU-Kommission auf eine Einigung mit dem russischen Staatskonzern.

Das Unternehmen habe weitreichende Zusagen gemacht, die wettbewerbsrechtliche Bedenken ausräumten und günstigere Preise sicherten, sagte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Bis Mai haben Betroffene aber noch Gelegenheit, Einwände zu erheben.

Es geht um die beherrschende Stellung von Gazprom als Lieferant für die drei Baltenstaaten sowie Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Bulgarien. Die EU-Kommission hatte im April 2015 in einer Beschwerde erklärt, Gazprom verstoße mit seiner Gesamtstrategie zur Abschottung dieser Gasmärkte gegen EU-Kartellvorschriften. Der russische Konzern musste mit einer Milliardenstrafe rechnen.

Doch betonte Vestager: "Wir sind davon überzeugt, dass die Verpflichtungszusagen von Gazprom die uneingeschränkte Lieferung von Gas in Mittel- und Osteuropa zu wettbewerbsbestimmten Preisen ermöglichen. Durch die Angebote von Gazprom werden unsere wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausgeräumt." Konkret hofft die Brüsseler Behörde auf mehr Wettbewerb und niedrigere Preise für Bürger und Unternehmen.

So sagte Gazprom den Angaben zufolge zu, vertragliche Hindernisse für den freien Gashandel zwischen den betroffenen Staaten auszuräumen. Dabei geht es etwa um Klauseln, dass die Bezieher das russische Gas nicht weiter verkaufen dürfen oder einen Teil des Gewinns aus dem Wiederverkauf an Gazprom abführen müssen. Solche Bestimmungen sollen getilgt werden.

Zweiter Punkt: Habe Gazprom bisher "durch territoriale Beschränkungen" in Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen und Polen systematisch überhöhte Preise verlangen können, verpflichte sich das Unternehmen nun zu wesentlichen Änderungen. Damit entstünden wettbewerbsbestimmte Preise. Denn Gazprom akzeptiere am Wettbewerb orientierte sogenannte Benchmarks und Preisrevisionsklauseln. Die Abnehmer können also im Zweifel ihre Preise nachverhandeln.

Darüber hinaus hat Gazprom nach Angaben der Kommission zugesagt, von Bulgarien keinen Schadenersatz wegen der Einstellung des South-Stream-Pipelineprojekts zu fordern.

Insgesamt böten die Zusagen von Gazprom eine "zukunftsorientierte Lösung", sagte Vestager. "Das ist für Millionen Europäer von Belang, die zu Hause und in ihren Betrieben auf Gas angewiesen sind." Auf die Frage, ob die EU-Kommission Russland damit in Zeiten politischer Spannungen zu weit entgegenkomme, sagte die Kommissarin, es gehe einzig um sachgerechte Lösungen im Sinne der Bürger. "Man muss bei der Durchsetzung der Vorschriften Abstand zur Politik halten."

Das weitere Verfahren ist nun so vorgesehen: Betroffene Staaten, Unternehmen oder Bürger können binnen sieben Wochen Stellung zu der geplanten Lösung nehmen. Die Kommission prüft Einwände und trifft dann eine endgültige Entscheidung, ob die Zusagen wirklich das Problem lösen. In dem Fall würden diese für Gazprom für bindend erklärt. Verstoße der Konzern dagegen, könnte eine Geldbuße von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes erhoben werden, sagte Vestager.

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