Aktuelle Umfrage Erbstreitigkeiten nehmen zu

Frankfurt/Main · Schätzungen zufolge vererben die Deutschen Jahr für Jahr 200 bis 300 Milliarden Euro Privatvermögen. Nicht immer ist der Nachlass im Vorhinein geregelt. Darum gibt es unter Erben oft Streit.

 Streit ums Erbe wollen die meisten Deutschen am liebsten vermeiden. Doch in der Praxis klappt das in vielen Fällen nicht - mit steigender Tendenz.

Streit ums Erbe wollen die meisten Deutschen am liebsten vermeiden. Doch in der Praxis klappt das in vielen Fällen nicht - mit steigender Tendenz.

Foto: Jens Büttner

Geld, Häuser, Wertpapiere - Jahr für Jahr wird in Deutschland ein Vermögen vererbt.

Streit ums Erbe wollen die meisten Deutschen am liebsten vermeiden, wie eine repräsentative Allensbach-Umfrage im Auftrag der Deutschen Bank mit 1706 Befragten ergab. Doch in der Praxis klappt das in vielen Fällen nicht - mit steigender Tendenz. Ein Grund: Die Hemmungen, über das Thema zu Lebzeiten zu sprechen, sind groß. Immerhin nimmt der am Donnerstag in Düsseldorf veröffentlichten Studie zufolge seit Jahren der Anteil derjenigen zu, die ihren Nachlass in einem Testament regeln.

Wer schon einmal geerbt hat, berichtet überwiegend, die Aufteilung des Erbes sei klar geregelt gewesen (73 Prozent). In mehr als der Hälfte aller Fälle lagen alle notwendigen Dokumente vor (59 Prozent), beispielsweise Vollmachten. Allerdings gab nur gut ein Drittel der Befragten an, zuvor offen (35 Prozent) oder frühzeitig (34 Prozent) über den Erbfall gemeinsam mit allen Beteiligten gesprochen zu haben. "Dies könnte erklären, warum es heute häufiger Streit um das Erbe gibt als in der Vergangenheit", folgern die Studienautoren.

Wurde bei der ersten Erhebung dieser Art im Auftrag der Deutschen Bank 2015 noch von 17 Prozent Streitfällen berichtet, sind es in der aktuellen Erhebung schon 19 Prozent. In den vergleichbaren Studien der Vorjahre - noch unter Verantwortung der inzwischen in die Deutsche Bank integrierten Postbank - berichteten die Befragten noch seltener von Erbstreitigkeiten.

Der Trend widerspricht den Interessen künftiger Erben - denn die wünschen sich mehrheitlich vor allem, dass es keinen Streit ums Erbe gibt und dessen Verteilung klar geregelt ist (jeweils 78 Prozent). Auch denjenigen, die etwas zu vererben haben, sind diese beiden Aspekte am wichtigsten.

Vier von zehn Menschen (39 Prozent), die voraussichtlich etwas vererben werden, haben nach eigenen Angaben ihren letzten Willen bereits festgeschrieben. Der Anteil der potenziellen Erblasser, die ein Testament gemacht haben, ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich größer geworden. 2012 waren es den Angaben zufolge 31 Prozent, 2015 dann 36 Prozent.

Allerdings: Die meisten Deutschen beschäftigen sich ungern mit dem Thema Erbschaft (60 Prozent). Zugleich scheint es aber vielen Menschen empfehlenswert, das sensible Thema zumindest dann anzusprechen, wenn ein Testament verfasst wird (36 Prozent) oder wenn jemand schwer erkrankt (21 Prozent). Dies ergab eine zusätzliche Umfrage im Auftrag der Deutschen Bank unter 16- bis 69-Jährigen unter anderem zum Thema "Gespräch über das Erben".

Ein gutes Fünftel der 1000 Teilnehmer dieser Erhebung ist der Meinung, dass sich Familientreffen für ein solches Gespräch anbieten (22 Prozent). Weihnachten halten allerdings gerade einmal 5 Prozent der 1000 Befragten für eine gute Gelegenheit für ein Gespräch über die Regelung des Nachlasses.

Wie viel Privatvermögen genau Jahr für Jahr in Deutschland vererbt wird, dazu gibt es nur Schätzungen. Denn die offizielle Erbschaft- und Schenkungssteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes weist nur die steuerlich veranlagten Fälle aus. Über das Gros der Erbfälle sei aufgrund hoher Freibeträge nichts bekannt - so das Fazit von Forschern des Berliner DIW in einem 2017 veröffentlichten Aufsatz.

Die DIW-Autoren wagten dennoch eine Aussage zum Erbvolumen in Deutschland: "Berechnungen mit Blick auf das künftige Transfervolumen legen nahe, dass in der aktuellen Dekade jährlich 200 bis 300 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt werden beziehungsweise zwischen 2015 und 2024 rund 3,1 Billionen Euro insgesamt."

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