Kritik an Decathlon in Frankreich Empörung über Kopftuch für Joggerinnen

Paris · Ein Kopftuch für Joggerinnen der Sportartikel-Kette Decathlon sorgt in Frankreich für Empörung. Manch einer sieht sogar die Werte der französischen Republik in Gefahr. Nun hat das Unternehmen reagiert.

 Ein Mitarbeiter in einer Filiale von Decathlon.

Ein Mitarbeiter in einer Filiale von Decathlon.

Foto: dpa

Fehlstart für Decathlon. Die Sportartikel-Kette verzichtet in Frankreich auf den Verkauf eines Jogging-Kopftuches für Frauen. Grund für die Entscheidung sind allerdings nicht schlechte Verkaufsaussichten. Die Kritik und auch der Hass, die dem französischen Unternehmen entgegenschlug, war zu groß. Eine vorher noch nie dagewesene „Welle von Beleidigungen und Drohungen“ sei über das Unternehmen niedergegangen, schreibt Decathlon auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Der atmungsaktive muslimische Hidschab, der Haare und Hals der Sportlerinnen bedeckt, wurde bisher nur in Marokko verkauft, sollte nun aber auch in Frankreich auf den Markt kommen. „Wir stehen zu unserer Entscheidung, den Sport Frauen in aller Welt zugänglich zu machen,“ erklärte Xavier Rivoire, Kommunikationsdirektor des Unternehmens, in einem Radio-Interview nach der Entscheidung, den Hidschab aus dem Programm zu nehmen. Es handele sich „fast schon um ein gesellschaftliches Engagement“, da es auch Musliminnen das Joggen ermögliche.

Werte der Republik in Gefahr?

Das sehen allerdings vor allem französische Politikerinnen ganz anders. Aurore Bergé glaubt sogar die Werte der französischen Republik in Gefahr. „Der Sport emanzipiert. Er unterwirft nicht. Meine Wahl als Frau und als Bürgerin wird es sein, einer Marke, die mit unseren Werten bricht, nicht mehr zu vertrauen“, schreibt die Sprecherin der Regierungspartei La République en Marche auf Twitter.

Gesundheitsministerin Agnès Buzyn erklärte, dass der Verkauf zwar legal sei, aber sie die Idee dahinter nicht teile. Manche Politiker fordern sogar ganz offen den Boykott des Unternehmens. In den sozialen Netzwerken werden die Nutzer allerdings deutlicher. Werde Decathlon in Zukunft auch Bombengürtel in sein Programm aufnehmen, fragt ein Internet-User.

Körperliche Drohungen gegen Mitarbeiter

Mit solch heftigen Reaktionen hatten die Verantwortlichen von Decathlon offensichtlich nicht gerechnet, zumal der US-Sportartikelhersteller Nike schon seit einer Zeit einen Hidschab im Programm hat. „Das Produkt provoziert Reaktionen“, schreibt Decathlon auf Twitter. „Man kann verstehen, dass nicht die ganze Welt einer Meinung ist“, heißt es, es dürfe aber nicht sein, dass „unsere Angestellten in unseren Geschäften beleidigt und bisweilen sogar körperlich bedroht werden“.

Die Leiterin von Decathlons Jogging-Sparte Kalenji, Angélique Thibault, hatte den Sport-Hidschab noch mit emotionalen Worten verteidigt. Sie werde von dem Wunsch angetrieben, „dass jede Frau in jedem Viertel laufen kann, in jeder Stadt, in jedem Land, unabhängig von ihrem sportlichen Können, ihrer Fitness, ihrem Körperbau, ihrem Einkommen. Und unabhängig von ihrer Kultur.“ Genützt hat es wenig – der Hidschab wird in Frankreich nicht verkauft werden.

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