Wegfall der Roaming-Gebühren Diese Fallen hält die neue Roaming-Richtlinie bereit

Bonn · Seit dem 15. Juni fallen im EU-Ausland die Roaming-Gebühren für Mobilfunknutzer weg. Für viele wird das Telefonieren und Surfen dadurch günstiger. Diese Ausnahmen sollten Nutzer dennoch unbedingt beachten.

Die Zeit, in denen deutsche Verbraucher im Ausland während ihres Urlaubs von Familie und Freunden zu Hause abgeschnitten waren, ist längst vorbei. Jetzt ist es aber noch günstiger, nach Hause zu telefonieren, im Internet zu surfen oder Nachrichten zu verschicken. Der Tarif, den Nutzer in Deutschland gebucht haben, ist ab sofort auch in allen EU-Mitgliedsstaaten gültig. Wie jede Regel hält aber auch diese einige Ausnahmen bereit. Damit die Handyrechnung keine böse Überraschung bringt, sollten sich Nutzer rechtzeitig bei ihrem Anbieter informieren.

Anrufe aus Deutschland bleiben teuer

Wer aus Deutschland ins EU-Ausland telefonieren möchte, muss weiterhin mit hohen Kosten rechnen. In der neuen Roaming-Regelung sind Telefonate aus Deutschland nicht mit inbegriffen. "Das bleibt ein großes Ärgernis", klagt die Verbraucherschützerin Isabelle Buscke, die den Verbraucherzentralen Bundesverband (vzbv) in Brüssel vertritt. "Das kann durchaus mal zwei Euro pro Minute kosten".

Deshalb sollten Verbraucher - wie sonst auch - das Kleingedruckte in ihrem Handyvertrag lesen, um über die Kosten für Telefonate ins Ausland informiert zu sein. Eine weitere Ausnahme bleiben Telefonate, die von einem Kreuzfahrtschiff aus getätigt werden. Für die dort eingerichteten Bord-Funknetze gilt die EU-Neuregelung nämlich nicht. Hier ist besondere Vorsicht geboten: Eine Gesprächsminute kann bis zu zehn Euro kosten.

Unterschiede bei Mobilfunkverträgen und Prepaid-Karten

Ob die neue Roaming-Regelung tatsächlich für alle Nutzer in gleichem Maße gilt, ist derzeit unklar. Mobilfunkanbieter könnten dies durch besondere Vertragsklauseln das verhindern. "Wir machen keine Unterscheidung", versichert Andreas Middel von der Deutschen Telekom. Auch seine Kollegin von Vodafone, Sarah Roetzer, stellt klar: "Alle Consumer Kunden werden ab 15. Juni von den regulierten Bedingungen in der EU automatisch und uneingeschränkt profitieren und keine Roaming-Gebühren mehr zahlen."

Jörn Borm von Telefónica (O2) gibt hingegen zu, dass er nicht genau sagen kann, wie viele Kunden seit dem 15. Juni von der Neuregelung profitieren. Im Mai hatte der Konzern seinen Umsatzrückgang des vergangenen Jahres unter anderem auf die gesenkten Roaming- und Durchleitungsentgelte zurückgeführt. Das Unternehmen habe wegen der Regulierung rund 35 Millionen Euro weniger eingenommen als 2015.

Verbraucherschützer erwarten, dass die Anbieter sich überlegen, wie sie die neuen Regeln anwenden. Für Nutzer von Prepaid-Karten könnte es demnach problematisch werden: Die enthielten kein festes Volumen für Telefonate und Internetnutzung, das auch im Ausland nutzbar wäre. Außerdem würden inzwischen immer mehr Deutschlandtarife angeboten, bei denen die Nutzung jenseits der Grenzen technisch ausgeschlossen sei.

Fair-use-Regel

Wer sich im Zuge der neuen Roaming-Freiheit jetzt den billigsten Mobilfunkanbieter in Europa heraussuchen und mit dessen SIM-Karten grenzenlos günstig telefonieren will, sollte sich das lieber sparen. Vodafone behalte sich Aufschläge gemäß dieser Regelung vor, erklärt Unternehmenssprecherin Roetzer. Die vzbv-Expertin Buscke bestätigt mögliche Kontrollen einer exzessiven Auslandsnutzung: "Ab einer gewissen Schwelle können die Anbieter aufmerksam werden."

Einschränkungen im EU-Ausland

Dass Kunden ihren Handy-Vertrag nun wie daheim nutzen können, ist trotz der neuen Regelung nicht immer der Fall. Einige Anbieter schränken ihre Leistungen im EU-Ausland ein, sodass am Ende doch zusätzliche Kosten anfallen, wenn man sein Telefon so nutzt wie zu Hause. Das hat "Finanztest" bei einer Befragung von 16 Mobilfunkanbietern herausgefunden (Ausgabe 7/17).

Demnach sollten vor allem Kunden mit einer Community-Option genau hinschauen: Während sie innerhalb Deutschlands zu anderen Kunden desselben Anbieters für Telefonate nichts oder nur wenig bezahlen, gelten diese Konditionen bei ausländischen Providern möglicherweise nicht. Ist das der Fall, werden die Verbindungen auf gebuchte Minutenkontingente angerechnet oder kosten so viel wie alle Verbindungen auch.

Den Testern ist außerdem aufgefallen, dass reine Datentarife - zum Beispiel für Tablets - nur im Inland nutzbar sind. Deshalb sollten Mobilfunkkunden unbedingt vor dem Urlaub prüfen, ob ihr Vertrag bereits eine Roaming-Option enthält und welche Konditionen genau gelten.

Unbegrenztes Datenvolumen kann eingeschränkt werden

Eine weitere schlechte Nachricht: Wer innerhalb Deutschlands einen besonders günstigen Tarif oder einen Tarif mit unbegrenztem Datenvolumen nutzt, muss im Ausland ebenfalls aufpassen. Mobilfunkanbieter dürfen die Roamingnutzung bei diesen Tarifen einschränken. Das gelte für Prepaid- und Vertragskunden, teilt die Bundesnetzagentur in einem neuen Fragekatalog für Verbraucher auf ihrer Internetseite mit.

In einem Rechenbeispiel erklärt die Bundesnetzagentur: Stehen dem Verbraucher im Inland für einen günstigen Preis acht Gigabyte Datenvolumen zu, könnte der Mobilfunkanbieter die Daten auf sechs Gigabyte im EU-Ausland beschränken. Über die Datengrenze muss der Mobilfunkanbieter den Kunden allerdings vorab in einer Mitteilung informieren. Wer sein Datenvolumen überschritten hat, wird per SMS benachrichtigt.

Danach fallen Aufschläge an. Laut Bundesnetzagentur dürfe jede Gesprächsminute maximal 0,032 Euro plus Mehrwertsteuer extra kosten, ein Gigabyte Datenvolumen kostet bis zum 31. Dezember 2017 zusätzlich 7,70 Euro plus Mehrwertsteuer. In den kommenden Jahren müssen die Mobilfunkanbieter diese Aufschläge weiter senken. (mit Material von dpa)

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