Studie des IW in Köln Die meisten Haushaltshilfen arbeiten schwarz

Köln/Troisdorf · Dem deutschen Fiskus entgehen durch illegale Beschäftigung jährlich bis zu 29 Milliarden Euro. Das Problem: Die meisten sehen darin ein Kavaliersdelikt.

 Schattenwirtschaft: Die meisten Haushaltshilfen in Deutschland sind nicht angemeldet.

Schattenwirtschaft: Die meisten Haushaltshilfen in Deutschland sind nicht angemeldet.

Foto: picture alliance / Jens Kalaene/

Fast jeder zehnte Haushalt in Deutschland beschäftigt eine Haushaltshilfe – aber die wenigsten tun das legal. Nur knapp 350.000 der schätzungsweise 2,7 bis drei Millionen Putzkräfte, Babysitter oder Gärtner arbeiten als Minijobber oder sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. 75 bis 83 Prozent aller Hilfen sind nicht angemeldet. Besonders häufig arbeiten Rentner sowie junge Menschen in Ausbildung oder Studium schwarz. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Anders als in vielen EU-Staaten mit hoher Arbeitslosigkeit finanzierten Schwarzarbeiter in Deutschland allerdings weniger den Lebensunterhalt ihrer Familien, sondern wollten nebenher etwas verdienen, um sich mehr leisten zu können, so die Forscher. „Nur die wenigsten Bundesbürger geben allerdings zu, dass sie selbst schwarzarbeiten: Nach eigenen Angaben leisteten im Jahr 2013 nur zwei Prozent Schwarzarbeit, 27 Prozent aber kannten jemanden persönlich, der schwarzarbeitete“, schreiben die Wissenschaftler.

Als Hauptgrund für Schwarzarbeit nennt das IW hohe Abgaben und Regulierungen . „Das macht es für viele attraktiv, diese Leistungen selbst zu erledigen – oder eben jemand unter der Hand dafür zu engagieren“, sagt IW-Forscher Dominik Enste. Zudem fänden Haushaltshilfen häufig nur schwer legale Arbeitsangebote. Während einige Reiche versuchten, über Steueroasen ihre Abgabenlast zu reduzieren, versuchten das die kleinen Leute mit Hilfe von Schwarzarbeit. „Um Schwarzarbeit langfristig zu bekämpfen, darf sie nicht länger als Kavaliersdelikt durchgehen“, sagt Enste. Zum einen müsse die Politik die Anreize für Schwarzarbeit verringern. Dafür müsse es einfacher werden, sich legal selbstständig zu machen. So könnte es unattraktiv werden, jemanden illegal zu beauftragen. Zum anderen sollte der Staat seinen Bürgern deutlicher machen, wofür Steuern sinnvoll eingesetzt werden.

Viele Frauen wollen lieber schwarz vermittelt werden

Ähnlich sieht es auch die Troisdorferin Susanne Preuss, die seit 1994 eine bundesweite Hauspersonalvermittlung betreibt. „Die Nachfrage auf beiden Seiten ist groß, aber während meine Arbeitgeber-Kunden ihre Haushaltshilfe fest anstellen möchten, wollen viele Frauen, die über mich in einen Job vermittelt werden wollen, lieber schwarzarbeiten. Da sind sie bei mir allerdings an der falschen Adresse“, sagt Preuss. „Viele, die über mich einen Job suchen, beziehen staatliche Hilfe und wollen sich, ohne Steuern zu zahlen, etwas dazuverdienen. Vielen ist gar nicht bewusst, dass Schwarzarbeit kein Kavaliersdelikt ist.“

Dies sieht im Übrigen auch der Gesetzgeber so. Seit 2002 kann Schwarzarbeit laut IW mit einer Geldbuße von bis zu 300.000 Euro beziehungsweise bei illegaler Beschäftigung mit bis zu 500.000 Euro geahndet werden. Seit 1. August 2004 drohten in schweren Fällen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren. Die durch Schattenwirtschaft erzielte Wertschöpfung beziffern die IW-Forscher im Jahr 2016 auf 340 Milliarden Euro. Den größten Anteil an der Schattenwirtschaft hat mit einer Wertschöpfung von rund 136 Milliarden Euro die Schwarzarbeit. Damit sind jene Tätigkeiten gemeint, die bar ohne Rechnung bezahlt werden. Zur Schattenwirtschaft zählen außerdem bei der Schwarzarbeit ohne Rechnung eingesetztes Material, nicht erfasste landwirtschaftliche Produkte sowie illegale Geschäfte mit Drogen und Glücksspiel. Der gesamte fiskalische Schaden beträgt laut IW je nach Schätzung zwischen 10,92 Milliarden und 28,6 Milliarden Euro. Bei einer erfolgreichen Bekämpfung der Schwarzarbeit könnten zwischen 420.000 und 1,1 Millionen zusätzliche, reguläre Vollzeitstellen geschaffen werden, heißt es.

Wie viele Bundesbürger selbst einmal schwarzgearbeitet haben, ist laut IW schwer zu messen. Die Schätzungen basieren auf anonymisierten Umfragen und variieren zwischen 1,3 Millionen und 13 Millionen. „Der durchschnittlich gezahlte Stundenlohn lag in Deutschland bei rund zehn Euro; allerdings zahlte jeder achte Bundesbürger auch mehr als 20 Euro pro Stunde für den Schwarzarbeiter“, heißt es in der IW-Studie.

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