Anleger hoffen auf steigende Dividende Deutsche Post setzt auf Lebensmittelzustellung

FRANKFURT/MAIN · Der Umsatz der Post ist im zweiten Quartal auf 14,8 Milliarden Euro gestiegen. Der Vorstand blickt positiv auf das Gesamtjahr.

Fahrverbote in der Stadt? Was wie ein Horrorszenario für einen großen Zusteller klingt, dreht sich bei der Post ins Positive. Denn sie hat vorgesorgt. Sie baut sich ihr Elektroauto schon selbst, den StreetScooter. Die klassischen Autohersteller hatten abgewunken. Da kaufte die Post vor knapp drei Jahren einen Hersteller, der aus einer „Ingenieurbude“ der Technischen Hochschule Aachen hervorgegangen war. Etwa 3000 der kleinen Stadttransporter fahren derzeit für die Post durch deutsche Städte. Zusammen mit Ford werden nun auch große Transporter entwickelt, die Kapazität wird auf 20 000 Fahrzeuge verdoppelt. „Und irgendwann“, vermutet Stefan Schöppner, der Postspezialist der Commerzbank, „kommt ein Autohersteller und wird für einen großen Batzen Geld das Geschäft übernehmen.“

Lebensmittelzustellung als Wachstumsgeschäft

Noch kommt der Bonner Konzern auch ohne solche Einnahmen über die Runden, und zwar glänzend. Die hohen Verluste aus Fehlinvestitionen in der Informationstechnologie der Frachtsparte sind kaum mehr spürbar. Und die sinkenden Stückzahlen im Briefgeschäft bekommt die Post in den Griff, nicht zuletzt auf Kosten des Personals: Immer mehr Briefträger sind nicht mehr mit dem Fahrrad, sondern mit dem Auto unterwegs, weil sie zusätzlich Pakete ausliefern müssen. Es sei nicht mehr so attraktiv wie früher, bei der Post zu arbeiten, wissen Branchenbeobachter. Aber es sei immer noch besser als bei den Mitbewerbern.

Und ein Wachstumsgeschäft steht vor der Tür: die Lebensmittelzustellung. In Berlin und Hamburg liefert die Frachtsparte DHL schon Lebensmittel für Amazon aus. Wenn sich die Amerikaner nicht einen eigenen Lieferdienst aufbauen, könnte die Zusammenarbeit für die Post ein gutes Geschäft werden.

Oder zumindest Umsatz bringen. Wenn es etwas an den Halbjahreszahlen, die die Post gestern vorgelegt hat, zu kritteln gibt, dann die nachlassende Umsatzdynamik. Ja, der Umsatz ist im Konzern im zweiten Quartal um 4,4 Prozent auf 14,8 Milliarden Euro gestiegen, aber im ganzen ersten Halbjahr hatte die Wachstumsrate nach einem starken ersten Quartal bei 5,8 Prozent gelegen. Ganz viel Trost fand die Börse aber darin, dass die Ergebnisdynamik zulegte: von 6,2 Prozent Plus beim operativen Ergebnis im ersten Halbjahr auf 11,8 Prozent im zweiten Quartal. Das genügte, um die Postaktie zum Gewinner zu machen: Während der Gesamtmarkt nachgab, legte die Postaktie in der Spitze um 1,8 Prozent zu, gab Teile davon aber im Verlauf auch wieder ab.

„Wir sind sehr zufrieden“, ließ sich Post-Vorstand Frank Appel zitieren: „Unser Unternehmen wächst in allen Bereichen und steigert seinen Gewinn kontinuierlich.“ Er bestätigte den Ausblick auf das ganze Jahr 2017. Anleger hoffen schon auf eine von 1,05 auf 1,10 Euro steigende Dividende. Die Post könne „Wachstumsinvestitionen und eine aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik miteinander verbinden“, sagte Finanzvorstand Melanie Kreis.

Sven Diermeier von Independent Research bemängelte, dass die Post gegenüber den für 2020 gesteckten langfristigen Zielen im Rückstand sei. Immer noch sei dafür die Frachtsparte verantwortlich, also die Luft-, See- und Landtransporte. Deren operatives Ergebnis ging im ersten Halbjahr um 10,8 Prozent zurück. Dort bleiben von 100 Euro Umsatz nur 1,50 Euro operativer Gewinn hängen. Im gesamten Konzern sind es 5,80 Euro. Die Post habe die gestiegenen Einkaufsraten am Markt nicht ganz an die Kunden weitergeben können, sagte Kreis. „Wir arbeiten hart daran, diese Situation zu unseren Gunsten zu verbessern.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Ein Signal der Stärke
Kommentar zum Königswinterer Bündnis für Demokratie Ein Signal der Stärke
Zum Thema
Von Wurzel bis Frucht
Betriebskantinen in Bonn Von Wurzel bis Frucht
Aus dem Ressort