Mehr Investition in Digitalisierung Deutsche Post will Pakete jährlich teurer machen

Bonn/Frankfurt · Bis 2022 will die Deutsche Post mindestens zwei Milliarden Euro in neue Digitalprojekte stecken. Die Kunden sollen stärker zur Kasse gebeten werden und die Preise für Pakete jährlich erhöht werden.

 Die Preise für Pakete sollen jährlich steigen.

Die Preise für Pakete sollen jährlich steigen.

Foto: Marius Becker

Was waren das für Zeiten: Im April 2014 präsentierte die Deutsche Post DHL zuletzt eine Mehr-Jahresstrategie. Jeder Vorstand durfte vor Journalisten tolle Pläne bis zum Jahr 2020 für sein Ressort präsentieren, am ehrgeizigsten gab sich Jürgen Gerdes, damals Chef des Briefe- und Paketgeschäftes in Deutschland. Er werde in ganz Europa neue Paketableger aufbauen, tönte er. Vorstandschef Frank Appel stimmte ein: „Wir werden einen neuen Schritt gehen“, sagte er.

Und auch die Börse war begeistert: Um fast fünf Prozent sprang der Kurs innerhalb weniger Stunden hoch. Nun gibt sich der Gelbe Riese viel vorsichtiger. Das Ziel bis 2025 sei nun, „Exzellenz in der digitalen Welt“ zu liefern, lautet das neue Motto. Vor fünf Jahren hieß es noch, es gehe stark um mehr Wachstum. Nun erklärten nur Appel und Finanzvorstand Melanie Kreis den Kurs, Gerdes musste 2018 gehen.

Und während der Konzern 2014 noch davon sprach, der operative Gewinn (Ebit) solle sich bis 2020 von 2,9 Milliarden Euro auf 4,6 Milliarden Euro deutlich steigern, geben Appel und Kreis sich bescheidener: Ein erneuter Ausblick für fünf Jahre sei schwer möglich wegen der volatilen Weltwirtschaft. Also gibt es nur noch eine Prognose für drei Jahre. Und für 2022 verkündet das Führungsduo nur noch ein Ziel von 5,3 Milliarden Euro als operatives Ergebnis, nur 300 Millionen Euro mehr als der Vorstand für 2020 schon angekündigt hat – kein Wunder, dass die Aktie um fast vier Prozent auf 3,92 Prozent abrutschte.

Die neuen Ziele bestätigen, dass bei der Post Stabilität wichtiger geworden ist als große Träume. Die Investitionen in den nächsten drei Jahren liegen zwar bei 8,5 bis 9,5 Milliarden Euro, doch deutlich höher als in den letzten Jahren sind sie nicht. Zukäufe sind nicht geplant. Und die Kunden sollen stärker zur Kasse gebeten werden, um die steigenden Ausgaben gerade für Personal ausgleichen zu können: Jedes Jahr sollten im deutschen Paketgeschäft die Preise erhöht werden, heißt es auf einem Chart.

Gleichzeitig startet der Konzern eine Digitaloffensive: Bis 2022 würden mindestens zwei Milliarden Euro in neue Digitalprojekte gesteckt, sagt Appel. Die Digitalisierung soll bis 2025 mehr als 1,5 Milliarden Euro an zusätzlichem Ergebnis pro Jahr bringen.

Eines von Appels Lieblingsvorhaben ist, dass Kunden in Deutschland künftig rund 30 Minuten vor Ankunft eines Paketwagens erfahren sollen, dass ihre Lieferung bereitsteht. „Es ist nicht so wichtig, ob das Paket direkt am Tag nach der Bestellung kommt“, sagt Appel, „aber höhere Berechenbarkeit hilft“. Außerdem würde die Zahl der Packstationen an Bahnhöfen und anderen Orten deutlich erhöht, Roboter sollen in den Lager- und Verteilzentren häufiger zum Einsatz kommen, Drohnen sollen Lagerhäuser bewachen, in Hochhäusern wird die Reihenfolge der Briefkästen aller Bewohner gescannt, um dem Briefträger die Post vorsortiert geben zu können. „Wir können die Produktivität dank Digitalisierung deutlich weiter erhöhen, so Appel, „die Belegschaft ist über diese Unterstützung froh“.

Zahl der Mitarbeiter wächst

Trotz Digitalisierung rechnet Appel damit, dass die Zahl der Mitarbeiter in Deutschland und weltweit wächst. Dafür werde die sehr hohe Nachfrage nach im Internet bestellter Ware sorgen. Er beobachte, dass Amazon das eigene Verteilnetz weiter ausbaue, aber er sei sicher, dass der US-Konzern auch 2025 noch viele Pakete von der Post ausliefern lasse. Und obwohl die Post keine radikalen Brüche plant, ist der Hamburger gerne im Amt. Er deutet an, möglicherweise länger den Konzern führen zu wollen als bis Herbst 2022. „Darüber werden wir reden, wenn der Aufsichtsrat darüber zu befinden hat. Meine Lebensplanung ist noch nicht abgeschlossen.“

Sicher ist, dass die Aachener Firma Streetscooter in wenigen Jahren nicht mehr zur Post gehören wird. Die Post werde den gleichnamigen Elektrolieferwagen zwar weiterhin kaufen, um umweltfreundliche Fahrzeuge für Fahrten in den Städten zu haben, sagte Melanie Kreis. Aber der Konzern suche einen Partner, damit es genügend Kapital für eine weitere Expansion gibt. Im Klartext: Es ist damit zu rechnen, dass ein anderes Unternehmen Streetscooter übernimmt, um weitere Fabriken insbesondere in Asien aufzubauen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort