Handelskrieg mit den USA Darum schwächelt Chinas Volkswirtschaft

Berlin · Das Wachstum in China ist auf den schwächsten Wert seit 1992 gefallen. Als Grund gilt vor allem der Handelskrieg mit den USA. Der aktuelle Wachstumswert ist jedoch immer noch sehr hoch.

 Industriearbeiterin in China: Das Wirtschaftswachstum hat sich spürbar verlangsamt.

Industriearbeiterin in China: Das Wirtschaftswachstum hat sich spürbar verlangsamt.

Foto: picture alliance / dpa

Der Handelskrieg mit den USA zeigt seine Auswirkungen auf die chinesische Volkswirtschaft: Das Wachstum sank in der ersten Jahreshälfte auf 6,3 Prozent und fiel damit auf den schwächsten Wert seit 1992. Zugleich habe der Strukturwandel weitere Fortschritte gemacht, sagte Ökonom Mao Shengyong von der nationalen Statistikbehörde in Peking. Die Wirtschaft sei heute weniger vom Export und Billigproduktion abhängig, dafür nehmen Dienstleistungen und Hochtechnik einen immer breiteren Raum ein. Das Land steuere auf eine Punktlandung beim Jahresziel für das Bruttoinlandprodukt „zwischen 6,0 und 6,5 Prozent“ zu, so Mao.

In Anbetracht der Größe der chinesischen Volkswirtschaft ist der aktuelle Wachstumswert trotz des Abwärtstrends immer noch sehr hoch. Kein Wunder, denn China stellt sich mit Konjunkturförderung auf verschiedenen Ebenen gegen die Folgen des Handelskriegs. „Die Politik hat die Wirtschaft gleich über mehrere Stellschrauben gefördert“, sagt Ökonomin Jinny Yan von einer Londoner Tochter der chinesischen Großbank ICBC. Das wichtigste Element sind derzeit Steuersenkungen in einer Größenordnung über 200 Milliarden Euro. Peking ermutigt zudem die Städte und Gemeinden, mehr Geld über Anleihen aufzunehmen und für Bauprojekte auszugeben. Banken vergeben zudem gezielt mehr Kredite an den Mittelstand. Schlechte Nachrichten gibt es für die deutsche Autoindustrie: In der ersten Jahreshälfte fiel der Fahrzeugabsatz erneut.

Zugleich versichern die offiziellen Stellen, nicht wieder in die alte Angewohnheit hemmungsloser Staatsausgaben zurückzufallen, um das Wachstum zu stützen. „Auf ein Riesenkonjunkturprogramm werden wir verzichten“, sagt Liu Shangxi, der Leiter der Chinesischen Akademie für Finanzforschung, auf einer Konferenz zu chinesisch-amerikanischen Handelsbeziehungen in Hongkong. Das Ausgabenpaket zur Bewältigung der Krise von 2008 sei „notwendig“ gewesen, habe aber Probleme wie Überschuldung, Überkapazität und eine Schwemme von Waren in schlechter Qualität verursacht. „Die chinesischen Konsumenten wünschen sich heute eine gesündere, nachhaltigere und hochwertigere Warenwelt“ – auch das biete Wachstumschancen.

Tatsächlich ist die Verringerung des Handelsdefizits mit den USA um einige Milliarden Euro kein echtes Problem. Sie ist sogar willkommen. China hatte gar nicht viel von dem Überschuss. Denn die eigene Währung, der Yuan, ist staatlich kontrolliert und sollte nicht aufwerten. Das Land brauchte auch nichts aus dem Ausland, das es mit den eingenommenen Dollars hätte bezahlen können – sonst hätte es das gemacht, und hätte keinen Überschuss gegeben.

Also behielt China die Dollars und legte sie in US-Staatsanleihen an. Irgendwann besaß es einen Billionenbetrag an US-Schuldpapieren, die kaum Rendite bringen. Dass dieser Berg nun etwas abschmilzt, gilt als willkommener Ausgleich einer früheren Fehlentwicklung. Chinas Führung denkt gar nicht daran, sich den grundsätzlichen Forderungen Trumps zu beugen. Dieser verlangt nicht weniger als eine Abkehr von der staatlich gelenkten Wirtschaftsweise des Landes. China solle seine Technologieförderung einstellen, die Staatsunternehmen nicht mehr päppeln und die Entwicklung den freien Marktkräften überlassen, hatte Trump an China übermitteln lassen.

Doch die staatliche Lenkung steckt noch tief im Erbgut der kommunistischen Volkswirtschaft. Bis 1978 erfolgte alle Produktion im Takt der Fünfjahrespläne und zahlloser daraus abgeleiteter Unterpläne. Heute heißen die Planziele etwa , bis 2020 die Zahl der Einträge in der Lizenzrechte-Datenbank auf 2,8 Millionen zu steigern und die Rechte von Patentinhabern und Urhebern besser zu schützen. Solche Strategien trugen dazu bei, dass China heute auf Augenhöhe mit den USA und der EU agiert.

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